Netanyahu: Bull in a Diplomatic China Shop

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Netanjahu wütet im Porzellanladen der Diplomatie

VON MARTIN KLINGST

2. März 2015

Israels Premier will in der Heimat punkten. Doch mit seiner Rede vor dem US-Kongress fällt er allen in den Rücken, die sich um einen Kompromiss mit dem Iran bemühen.

Aller erbitterten Kritik aus Amerika und seinem eigenen Land zum Trotz bleibt Israels Premierminister Benjamin Netanjahu dabei: Er wird am Dienstag vor den amerikanischen Kongress treten und mit seiner kräftigen, sonoren Stimme die Welt vor einem Atomabkommen mit dem Iran warnen.

In wohlgesetzten Worten wird Netanjahu Teherans zahlreiche Verstrickungen in den internationalen Terrorismus aufzählen. Er wird von angeblich neuen Erkenntnissen des israelischen Geheimdienstes über Irans heimliches Atombombenprogramm berichten. Und er wird sagen, dass man dem doppelzüngigen persischen Regime nicht leichtfertig trauen dürfe – und dass am Ende nicht nur die Existenz Israels auf dem Spiel stehe, sondern die Sicherheit und der Frieden auf der ganzen Welt.

Netanjahus Einwände gegen einen möglichen Deal mit dem Iran sind nicht sämtlich falsch, einige sollten durchaus ernst genommen werden. Denn nach allem, was man bislang über dieses Abkommen weiß, wird es Irans Kapazitäten, eine Atombombe zu bauen, nicht dauerhaft, sondern nur für eine gewisse Zeit eindämmen und beschränken.

Doch Netanjahus Bedenken werden verhallen. Zum einen weil er mit seinen Warnungen und Prognosen zu oft danebenlag. So unterstützte er den fatalen Irakkrieg, der im Mittleren Osten alles nur noch schlimmer machte. Fälschlicherweise hielt er es für undenkbar wie aussichtslos, dass westliche Sanktionen über eine lange Zeit halten und den Iran an den Verhandlungstisch zwingen würden. Ebenso sagte er fehlerhaft voraus, dass die Regierung in Teheran niemals das Zwischenabkommen einhalten würde.

Doch Netanjahus Bedenken werden vor allem deshalb auf taube Ohren stoßen, weil er mit seiner Rede vor dem Kongress brutal diplomatisches Porzellan zerschlägt. Damit verprellt er nicht nur die Obama-Regierung, sondern düpiert ebenso Briten und Franzosen, Russen, Chinesen und Deutsche. Er fällt allen in den Rücken, die sich seit Jahren bemühen, mit dem Iran einen Kompromiss auszuhandeln.

Doch das ist dem israelischen Premier egal. Denn mehr noch als an die Außenwelt will er sich mit seiner amerikanischen Mission an das eigene Volk daheim richten. In zwei Wochen möchte Netanjahu wiedergewählt werden und bar innen- oder außenpolitischer Erfolge will er sich den Wählern darum als letzter Garant ihrer Sicherheit präsentieren, als einer, der im kriegs- und krisengeschüttelten Mittleren Osten mannhaft sämtlichen Bedrohungen und Anfechtungen trotzt. Der Kongress in Washington ist für diese Botschaft die beste und wirkungsmächtigste Bühne.

Dafür war Netanjahu jedes Mittel recht. Heimlich schloss er einen Pakt mit Obamas politischen Gegnern in Washington und fädelte gemeinsam mit den rechten Republikanern die Visite ein – brachial am Weißen Haus vorbei. Geholfen hat ihm dabei sein Botschafter in Amerika, der einst selber bei den Republikanern tätig war.

Weil Netanjahu unbedingt im Zentrum der Weltmacht sprechen wollte, schlug er auch alle Warnungen vor einem diplomatischen Gau in den Wind. Selbst sein eigener nationaler Sicherheitsberater, schreibt das gut informierte US-Magazin The Atlantic, soll von dieser Reise abgeraten haben.

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