Obama Exposes Republican Blockade

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Obama entlarvt Blockade der Republikaner

Von Martin Klingst

26.2.2010

Der Gesundheitsgipfel hat Präsident und Republikaner nicht näher gebracht. Dennoch markiert diese Debatte einen Wendepunkt.

Mehr als sieben Stunden Werben und Verkaufen: US-Präsident Obama und Ressortchefin Sebelius mühten sich um Zustimmung für ihre Gesundheitsreform

Donnerstag, der 25. Februar 2010 könnte in die amerikanische Geschichte eingehen. Noch nie zuvor hat ein Präsident mit der Opposition fast neun Stunden lang vor laufenden Kameras über ein drängendes wirtschaftliches, soziales und medizinisches Problem gestritten. So könnte dieser Tag einen Wendepunkt markieren: Für die fast totgesagte Gesundheitsreform – und für das politische Schicksal Barack Obamas und seiner Demokratischen Partei.

Um gleich einem Missverständnis vorzubeugen, Republikaner und Demokraten sind sich am Runden Tisch nicht bedeutend näher gekommen. Der prinzipielle Unterschied zwischen ihnen bleibt. Die Republikaner werfen den Demokraten vor, sie planten die staatliche Übernahme des gewaltigen Gesundheitssektors. Die Demokraten beschuldigen die Republikaner, sie schlössen ihre Augen vor den gewaltigen Problemen.

Die Demokraten wollen eine umfassende Gesundheitsreform, sie wollen, dass mindestens 30 der insgesamt 47 Millionen nicht versicherten Amerikaner Mitglied einer Krankenkasse werden – zu bezahlbaren Bedingungen. Und sie wollen, dass der Staat den privaten Versicherungen Bedingungen setzt. Dass er es zum Beispiel nicht weiter durchgehen lässt, dass kranke Menschen aus Kostengründen abgelehnt oder rausgeschmissen werden.

Die Republikaner hingegen wollen eine Reform in kleinen Schritten. Sie misstrauen großen Würfen und befürchten einen riesigen staatlichen Verwaltungsapparat. Sie möchten in erster Linie die gigantischen Kosten des Gesundheitsapparates senken, die horrenden Schadensersatzprozesse zügeln, und im Übrigen glauben sie, dass Markt und mehr Konkurrenz die Probleme am Besten im Zaum halten könnten.

Barack Obama hat diese ideologischen Differenzen nicht überbrücken können. Aber er hat sie meisterlich offengelegt und sich auf die Seite der kleinen Leute geschlagen. Wie kaum ein Zweiter in der Runde kennt er sämtliche Ungerechtigkeiten des Systems und weiß um die vielen Schwierigkeiten dieser so komplizierten Reform. Doch er ließ sich nicht in Detailkämpfe verwickeln und verlor nie die große Linie aus den Augen.

Wenn immer es erforderlich war, zog sich Obama den weißen Kittel des obersten Gesundheitsexperten über, aber meistens trug er den blauen Anzug des auf Ausgleich bedachten und über den Dingen stehenden Präsidenten. Er war ein Meister im Rollenspiel.

Donnerstag, der 25. Februar könnte also die entscheidende Wende gebracht haben. Nicht weil Obama einige Republikaner auf seine Seite gezogen hätte. Sondern weil er den Amerikanern in aller Deutlichkeit dargelegt hat, worum es ihm geht: um mehr Gerechtigkeit und um bessere Bedingungen – für Nichtversicherte wie Versicherte.

Obama hat sich Raum verschafft für einen neuen Anlauf im Kongress. Jetzt muss ein Gesetz kommen, entweder im Alleingang der Demokraten oder in einer schlankeren Form mit Unterstützung einiger Republikaner. Doch egal, wie und mit welchen Tricks es am Ende zustande kommt, es muss kommen, will der Präsident das Heft des Handelns in der Hand behalten. Alles andere wäre fatal für ihn und die Demokraten.

Die Gesundheitsreform ist ein wirtschaftlicher, ein sozialer, ein politischer – und ein moralischer Imperativ. Am Donnerstag lobten republikanische wie demokratische Abgeordnete das amerikanische Gesundheitssystem als das beste der Welt. Wenn sie krank würden, wollten sie nirgendwo anders behandelt werden.

Für die Abgeordneten und die ihnen zustehende Krankenversicherung mag das stimmen. Für Millionen Amerikaner aber nicht. An diesem Donnerstag verloren weitere 14.000 Menschen ihren Arbeitsplatz und damit ihre Kassenzugehörigkeit und es starben 1000 Menschen, weil sie nicht versichert waren.

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