Iran, the Americans and a Killer

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Posted on October 16, 2011.

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Es klingt wie aus einem Thriller: Ein Iraner soll angeblich einen mexikanischen Drogen-Gangster angeheuert haben, um den saudischen US-Botschafter zu ermorden. Angeblich steckt sogar Teherans Führung dahinter. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf einen schwelenden Konflikt.

FBI-Chef Robert Mueller bringt es auf den Punkt: “Es liest sich wie ein Hollywood-Drehbuch, doch die Folgen wären sehr real gewesen und hätte viele Menschen das Leben gekostet.” Die USA beschuldigen den Iran, in einem stümperhaft angelegten Komplott mit dem Decknamen “Chevrolet” einen Auftragskiller aus dem Umfeld mexikanischer Drogenkartelle angeheuert zu haben, um den saudi-arabischen US-Botschafter zu ermorden. Doch der iranisch-amerikanische Mittelsmann – ein Gebrauchtwagenhändler – soll einem Agenten der US-Drogenfahndung ins Netz gegangen sein.

Aufgeschreckte Amerikaner

Die USA sind aufgeschreckt und fürchten neue Anschläge – weltweit. In einer schriftlichen Warnung heißt es, nach dem aufgedeckten Komplott sehe die US-Regierung Hinweise auf einen “aggressiveren Fokus der iranischen Regierung bei terroristischen Aktivitäten gegen Diplomaten aus verschiedenen Staaten”. Das mutmaßliche Mordkomplott soll nach dem Willen der USA eine neue Runde internationaler Sanktionen gegen den Iran zur Folge haben. Doch steckt Teherans Führung wirklich dahinter? Und was bedeutet das für den Nahen und Mittleren Osten? Eine Analyse.

Wie lautet der Vorwurf der USA?

Nach Erkenntnissen der US-Ermittler sollen “Elemente der iranischen Regierung” einen Bombenanschlag auf den saudischen Botschafter in Washington geplant und finanziert haben. Die vom FBI als drehbuchtauglich geschilderte Verschwörung haben sich laut Anklageschrift, die FTD.de vorliegt, in groben Zügen so abgespielt haben.

Im Mittelpunkt der von den US-Behörden geschilderten Pläne steht der in die USA eingebürgerte Iraner Manssor Arabsiar. Er wurde am 29. September auf dem New Yorker Flughafen John F. Kennedy aus Mexiko kommend festgenommen. Auf den Aussagen des 56-Jährigen basieren die Vorwürfe der USA, dass das Mordkomplott in Teherans höchsten Rängen geschmiedet wurde: in den Revolutionsgarden und deren Eliteeinheit Kuds. Bindeglied in die USA ist demnach der den Kuds angehörige Iraner Gholam Schakuri, der die Anschlagspläne vorangetrieben haben soll. Die US-Behörden hatten seine Telefonate abgehört.

Arabsiar hatte offenbar im Mai Kontakt zu einem Mann im Umfeld des mexikanischem Drogenkartells Los Zetas aufgenommen. Ihm zahlte Arabsiar im Juli und August angeblich 100.000 Dollar Anzahlung für den Auftragsmord. Der vermeintliche Killer hatte insgesamt 1,5 Mio. Dollar gefordert.

Doch die Kontaktperson in Mexiko war ein Informant der US-Drogenfahnder. Und der alarmierte umgehend die heimischen Behörden. Nach seiner Festnahme gestand Arabsiar und arbeitete mit den US-Behörden zusammen. In den folgenden Telefonaten mit Schakuri, dem mutmaßlichen Hintermann im Iran, ließ er sich von der Festnahme nichts anmerken. Stattdessen gab er grünes Licht für den Anschlagsplan.

Steckt die iranische Führung dahinter?

Der Iran bezeichnet die Vorwürfe als völlig haltlos und weist sie als “Komödie” und “Märchen für Kinder zurück”. Irans Uno-Botschafter Mohammad Chasai bezeichnete sie als reine Kriegstreiberei der USA. “Die Anschuldigungen sind ganz offensichtlich politisch motiviert und werfen ein Schlaglicht auf die seit langem bestehende Feindseligkeit der USA gegenüber dem iranischen Volk.”

Sollte die Teheraner Führung tatsächlich hinter dem Attentatsversuch stecken, wäre dies ein äußerst kühner Schachzug: Obwohl sie zumindest für den Anschlag auf die US-Regierung im Libanon 1983 verantwortlich gemacht wird, hat sie noch nie direkt auf dem Territorium der USA agiert. Iran-Experten sind sehr verwundert über die klobig ausgeführte Vorgehensweise. Die “New York Times” zitiert den anerkannten iranisch-amerikanischen Politikwissenschaftler Rasool Nafisi mit den Worten: “Das ist nicht typisch für die Kuds.” Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Führungsriege des Iran die Aktion abgesegnet hat, weil sie Vergeltung der USA fürchten müsste. Nafisi glaubt eher, dass die Revolutionsgarden in Eigenregie gehandelt haben könnten.

Auch Alirez Nader, Politikanalyst und Iran-Experte bei der renommierten Denkfabrik “Rand Corporation” ist sehr skeptisch. Zwar habe der Iran eine lange Geschichte bei der Unterstützung des Terrorismus. Doch in der “Washington Post” stellt er die Frage: “Warum sollte der Iran ein Attentat auf den saudi-arabischen Botschafter verüben?” Dies läge außerhalb der “Norm”. In der Zeitung kommt auch der ehemalige CIA-Agent Robert Baer zu Wort. “Vielleicht fällt Teheran wirklich auseinander oder vielleicht gibt es eine herausfordernde radikale Splittergruppe”, sagte er. “Aber die Kuds sind besser als das hier. Wenn sie jemanden hätten töten wollen, wäre derjenige schon tot.”

Was heißt das für den Nahen und Mittleren Osten?

Saudi-Arabien und der Iran gelten seit Jahrzehnten als Rivalen im Nahen Osten. Die Umwälzungen durch den “Arabischen Frühling” haben ihr Rennen um Einfluss in der Region zusätzlich befeuert. Zudem treten die Spannungen ganz offen zutage, seitdem Saddam Hussein als geostrategischer Puffer zwischen den beiden Staaten entfallen ist. Außerdem sind die Konflikte nicht nur politisch motiviert, sondern auch religiös begründet: In Saudi-Arabien dominieren die Sunniten, der Iran ist die Hochburg der Schiiten.

Derzeit gehen die USA davon aus, dass das iranische Regime besonders verwundbar ist. Der hervorragend vernetzte politische US-Kolumnist David Ignatius geht davon aus, dass im Iran ein innenpolitischer Kampf zwischen Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Revolutionsführer Ali Khamenei tobt, der die Regierung schwächt. Tatsache ist, dass Irans wichtigster politischer Verbündeter, Syriens Präsident Bashar al-Assad, seit Monaten durch eine innenpolitische Rebellion geschwächt ist.

Die “Washington Post” zitiert einen nicht namentlich genannten Mitarbeiter des Weißen Hauses mit Blick auf das mutmaßliche Komplott des Iran: “Wir werden versuchen das zu benutzen, um sie weitestgehend möglich zu isolieren.” Nach Informationen der Zeitung ist sofort nach Bekanntwerden der Pläne ein US-Sicherheitsberater nach Saudi-Arabien geflogen. Ziel der Mission: mit König Abdullah eine Strategie zu entwerfen, um den Iran politisch in Schach zu halten. Und Waffenlieferungen an die Saudis.

Saudi-Arabien hat sich umgekehrt bereits offiziell bei den USA bedankt. Der Attentatsplan sei “eine abscheuliche Verletzung der internationalen Normen, Standards und Konventionen und steht nicht im Einklang mit den Prinzipien der Menschlichkeit”, teilte die Botschaft des Landes in Washington mit. In dem Text wird die iranische Regierung allerdings nicht namentlich erwähnt.

Welche Rolle spielt Mexiko?

Die mexikanische Regierung war offenbar relativ früh in die Informationen der USA eingeweiht. Aufgrund eines US-Haftbefehls gegen den Gebrauchtwagenhändler Arbabsiar wurde eine Warnung an die mexikanische Grenzpolizei herausgegeben. Nach Absprache mit Washington verweigerte diese ihm am 28. September die Einreise. Stattdessen steckte sie ihn in ein Flugzeug nach New York, wo er von den US-Behörden festgenommen wurde.

Sorgen der USA

Sorgen dürfte es den USA allerdings bereiten, wenn die Anschlagspläne über mexikanische Drogenkartells abgewickelt wurden. Zeigt es doch, dass sich die Banden in den vergangenen Jahren zu breit aufgestellten und transnationalen kriminellen Organisationen entwickelt haben. FBI-Agenten warnen laut Medienberichten davor, dass die Lernkurve der mexikanischen Mafia mit Blick auf Anschläge steil nach oben steigt: von primitiven Rohrbomben zu ferngesteuerten Attentaten mit dem neusten Plastiksprengstoff.

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