The Tea Party Makes Green Tea

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Weltweit demonstrieren Rechte, Linke und Schöne gegen ein System, weil sie es nicht ändern können. Das ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das Jahrzehnt. Auch hier auf der Bananen-Insel der Seligen.

Es ist sicher nur Zufall. Während in den USA und anderswo eine neue Kultur des Protests gegen das Finanzsystem und die Dominanz der Wall Street als links-urbane Gegenbewegung zur Tea Party entsteht, tagen im schönen Innsbruck die österreichischen Grünen. Sie beschließen eine Statutenänderung und klopfen sich gegenseitig auf die Schulter. Getan haben die Grün-Bundespolitiker zwar nicht viel, aber als einzige Partei nicht der Korruption verdächtigt zu werden ist eine Leistung in Österreich. Das muss kommuniziert werden: Um das Image noch zu verbessern, werden die Regeln verschärft – Rechnungen von Dienstfahrten mit Inländer-Diesel-Taxis dürfen der Partei dem Vernehmen nach nicht mehr als Spesen verrechnet werden. Nebentätigkeiten wie das Verfassen von Gastkommentaren für die Slow-Food-Bewegung sind nur noch in der Freizeit erlaubt.

Ein paar Vertreter der Tiroler Grünen sollen ursprünglich laut einer Terminvorschau der Austria Presse Agentur sogar einen kameragerechten Striptease auf der lokalen Maria-Theresien-Straße geplant haben, um auf die Intransparenz bei den Finanzströmen der anderen Parteien hinzuweisen. Aber es war kühl in Innsbruck, und mit 25 Jahren (im österreichischen Parlament) zieht man sich nicht mehr so leicht aus.

Damit schaffen es die Grünen nicht einmal mehr, auch auf TV-Bilder und Fotos in Zeitungen von jungen Aktivisten zu kommen, die weltweit auf die Straße gehen. Es sind zwar vielleicht potenzielle Grün-Wähler unter den jungen, urbanen Demonstranten in New York, Tel Aviv und – in Miniaturausgabe – in Wien, aber die zweitjüngste Parlamentspartei in Österreich – Platz eins in dieser Kategorie ist dank möglichem BZÖ-Aus wieder in Reichweite der Grünen – schaut vergleichsweise alt aus. Wie die jungen Aktivisten überhaupt kaum fassbar sind: Den deutschen und angelsächsischen Feuilletons fiel mit der ihr eigenen Altherren-Beobachtungsgabe sofort auf, wie hübsch die Demonstrantinnen und gut gekleidet alle Revoluzzer sind. Tatsächlich schauen die erdigen Tea-Party-Protestanten und die teilvermummten, hennagefärbten Attac-Rufer im Vergleich zu den Besetzern der Wall Street ziemlich unsexy aus. Was zwar den Komplex der mehr oder weniger extremen Rechten und Linken nährt, aber einen schlichten Grund hat: In New York kleiden sich unter 40 alle vergleichsweise gut.

Es ist sinnlos, darüber zu lamentieren, dass das Verhalten einiger weniger Spekulanten und Schneeball-System-Spieler Kapitalismus und Unternehmer in Verruf gebracht hat. Und dass in Europa gerade das dicht geknüpfte Sozialnetz, das die Demonstranten so vermissen, die Schulden erzeugt hat, deretwegen heute noch mehr Steuergeld ins Währungssystem gepumpt werden muss.

Ohne jeden Alarmismus: In den kommenden Jahren wird es noch mehr Einschnitte geben. Wird es größeren Unmut der Jungen geben. Wird es einen gnadenlosen Verteilungskampf geben. Werden noch viel mehr auf die Straßen gehen. Ohne Parteien. Ohne Gewerkschaften. Auch in Österreich.

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