When the Most Powerful Man in the World Becomes a Comedian

<--

sueddeutsche.de politik

White House Correspondents´ Dinner [Update!] Wenn der mächtigste Mann der Welt zum Komiker wird

27.04.2012, 20:23

Von Sebastian Gierke

Einmal im Jahr muss der US-Präsident lustig sein. Richtig lustig. Nicht nur unfreiwillig komisch. Beim “White House Correspondents Dinner” hat Barack Obama versucht, die Nation zum Lachen zu bringen. Vielen seiner Vorgänger gelang das ganz gut. Ein paar Beispiele.

Schnell: Die drei witzigsten Politiker Deutschlands? Na? Oder wenigstens die Top Zwei der humorvollsten Volksvertreter der Republik? Nichts? Gar nichts? Nicht mal einer? Einer mit Humor? Manche behaupten ja, Angela Merkel sei manchmal ganz lustig. Nein? Na gut…

Politik und öffentlich zur Schau gestellter Humor, das scheint in Deutschland nicht richtig zusammenzupassen. Anders in den USA: Dort versuchen Politiker Humor zu nutzen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, Sympathien zu gewinnen oder Vorwürfe zu kontern.

Schon der schielende Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, versuchte es mit Humor. Den Vorwurf der Doppelgesichtigkeit konterte er jedenfalls schlagfertig: “If I had two faces, would I be wearing this one?”

Und die Wissenschaft stellt fest: In Amerika spielt Humor in der politischen Kommunikation eine immer wichtigere Rolle. “I think the more we have had media involved in our presidential campaigns, the more humor has become a force for presidents to use both in becoming elected and in becoming an effective president”, schreibt der Kommunikationswissenschaftler John Meyer.

Deshalb ist die Rede, die Barack Obama am Samstag halten wird [Update: siehe unten], nicht ganz unwichtig. Er spricht auf dem “White House Correspondents´ Dinner” (WHCD). Und erwartet wird nicht weniger von ihm, als die anwesenden Journalisten, die geladenen Prominenten (unter anderem Lindsay Lohan und George Clooney), als die gesamte Nation zu unterhalten.

Seit 1920 gibt es das WHCD, das von der “White House Correspondents’ Association” veranstaltet wird. In dieser Organisation haben sich diejenigen Journalisten zusammengeschlossen, die aus dem Weißen Haus und über den Präsidenten berichten.

Der manchmal ziemlich lustige Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel wird in diesem Jahr durch das Programm führen. Wie vor ihm beispielsweise Jay Leno, Conan o`Brien oder Stephen Colbert, der, mit George W. Bush als Punchingball, einen der angriffslustigsten Auftritte überhaupt hinlegte.

Für Kimmel wird es nicht leicht: “I’m nervous”, sagte er dem Washingtoner Insidermagazin Politico. Das Publikum beim WHCD gilt als schwierig und anspruchsvoll. Der Druck ist groß. “I’m going to be sitting next to the first lady”, erklärte Kimmel gegenüber der New York Times. “And I’ll be nervous about my performance on top of that.”

Doch der Druck ist nicht nur für den Show-Profi groß. Sondern auch für den Polit-Profi. Für Barack Obama. Wobei: Die Präsidenten haben bislang meist ihre Chance genutzt. Hier ein paar der besten WHCD-Auftritte:

[] Bei seiner ersten Rede im vergangenen Jahr schlug sich Barack Obama bemerkenswert gut. Er machte sich über die Verschwörungstheorien zu seiner Geburtsurkunde lustig:

“Michele Bachmann is here, though, I understand, and she is thinking about running for president, which is weird because I hear she was born in Canada. Yes, Michele, this is how it starts. Just letting you know. (…) Tim Pawlenty – he seems all-American, but have you heard his real middle name, Tim Hosni Pawlenty? What a shame.”

[] Obamas Vorgänger George W. Bush bewies im Jahr 2004, dass er über sich selbst lachen kann: “It really gets me when the critics say I haven’t done enough for the economy. I mean, look what I’ve done for the book publishing industry. You’ve heard some of the titles: ‘Big Lies;’ ‘The Lies of George W. Bush;’ ‘The Lies and the Lying Liars Who Tell Them.’ I’d like to tell you I’ve read each of these books, but that would be a lie.” Sehenswert auch, wie Bush im Jahr 2006 zusammen mit dem großartigen Parodisten Steve Bridges auftrat.

[] Ein Höhepunkt der Präsidenten-Einlagen beim WHCD war sicherlich dieses Video, das Bill Clinton präsentierte. Clinton inszenierte sich darin als lame duck, machte sich über die letzten Tage seiner Amtszeit lustig: Der mächtigste Mann der Welt beim Heckenschneiden, beim Autowaschen – oder wie er durch das Weiße Haus radelte. Lustig auch die dazugehörende Rede.

Und 1996, auf dem Höhepunkt des brutalen politischen Konflikts zwischen ihm und dem Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich, der zum fast vollständigen politischen Stillstand in Washington führte, sagte Clinton auf dem WHCD: “Newt Gingrich is right over there. He’s the fellow next to the baby raccoon and the iguana. Mr. Speaker, as long as you’re here, I think, out in public, in front of everybody, we ought to do a little work on the budget negotiations. You give me my Medicare plan, and you can have my mocha puff and chocolate sauce.”

Jetzt also noch einmal Obama – im Jahr der Präsidentschaftswahl. Die wird durch die Rede zwar nicht entschieden. Dennoch: Was den Humor angeht, scheint der amtierende Präsident gegenüber seinem wahrscheinlichen Herausforderer Mitt Romney im Vorteil zu sein. Richtig überzeugt hat der jedenfalls noch nicht mit seinen Versuchen, lustig zu sein – noch nicht einmal beim Lachen über seine Versuche.

About this publication