How Paul Ryan Is Stealing Romney's Show

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Wie Paul Ryan Romneys Show stiehlt

von Markus Ziener

29.08.2012

Mitt Romneys Partner Paul Ryan sammelt für den Präsidentschaftskandidaten Romney viele Stimmen ein. Doch die starke Persönlichkeit an Mitts Seite könnte ihm auch das Präsidentenamt streitig machen.

Wenn Hurrikan “Isaac” ihn lässt, dann wird Mitt Romney diese Woche vor allem vor dem Fernseher verbringen. In irgendeinem Hotelzimmer in Tampa wird er den Vorlauf zu seiner eigenen Krönungsmesse verfolgen, bis er am Ende selbst auf die Bühne darf. So sieht es das archaische Parteitagsritual vor, das den Auftritt des designierten Spitzenkandidaten bis ganz zum Schluss aufspart. Doch ob dem 65-jährigen Romney auch gefallen wird, was er auf der Mattscheibe zu sehen bekommt, ist ungewiss.

Denn aus der Distanz darf er dann auch betrachten, wie enthusiastisch das Parteivolk Paul Ryan feiern wird. Und spätestens dann könnten ihn Zweifel an der Weisheit seiner Auswahl für den Job des “running mate”, des Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, beschleichen. Denn seit Wochen steht nur einer im Rampenlicht: der smarte, gut aussehende, 42 Jahre junge Abgeordnete Ryan aus Wisconsins erstem Distrikt.

Dabei sollte es in Tampa doch eigentlich nur um ihn, Mitt Romney, gehen. Geplant war ein “do-over”, eine Generalüberholung des Kandidatenimages, damit Romney gegen den Medienliebling Obama auch auf der Sympathieskala eine Chance hat. Auftreten werden in Tampa deshalb Parteifreunde, Weggefährten und Familienangehörige, die vor allem eines tun sollen: Mitt Romney als Mann mit Herz und Überzeugungen charakterisieren. Doch diese Absicht der Parteistrategen droht nun vom Hurrikan und von Paul Ryan weggefegt zu werden. An Ersterem ist Romney schuldlos. An Letzterem indes nicht.

Denn auch die Wahl von Paul Ryan folgte dem immer gleichen Romney-Prinzip: Finger in den Wind halten, Windstärke messen und entsprechend handeln. Paul Ryan schien als Wahl logisch, weil die nach rechts gerückte republikanische Basis Mitt Romney nicht folgen wollte. Mit der Tea-Party-Ikone Ryan konnte er diese Lücke schließen. Dass sich Romney damit jedoch gleichzeitig in eine direkte Abhängigkeit von den Rechten in seiner Partei begeben hat, wurde beiseitegewischt. Im Team Romney ist man fixiert auf den 6. November, den Wahltag, nicht auf die Zeit danach. Dabei kommt es ja genau auf die an.

Denn Paul Ryan ist nicht nur jener, der Romney am Ende die nötigen Stimmen für den Sieg verschaffen kann. Ryan steht anders als Sarah Palin vor vier Jahren für tatsächliche Inhalte. Was auch immer man von den Konzepten des Mannes aus Wisconsin halten mag: Es dürfte nicht leicht für Romney werden, diese einfach zu ignorieren. Ryan steht für Sparen, niedrigere Steuern und einen drastischen Umbau der Säulen des amerikanischen Sozialstaats.

Mitt Romney fordert Barack Obama heraus und will in das Weiße Haus einziehen. Die Infografik stellt Kandidaten und Positionen vor, zeichnet Amerikas Probleme nach – und zeigt, wer in welchem Bundesstaat vorne liegt.

Und anders als Romney sagt Ryan das nicht nur, sondern er folgt seinen Prinzipien auch. Als etwa im Vorjahr Obama mit der republikanischen Führung im Repräsentantenhaus einen umfassenden Deal zum Schuldenabbau vereinbaren wollte, stimmte Paul Ryan dagegen. Warum? Weil der Plan auch vorsah, ein paar Niedrigsteuern auslaufen zu lassen. Ryan genügte dies, um den Daumen zu senken und das Übereinkommen platzen zu lassen. Der Ultrakonservative aus dem Mittleren Westen wird deshalb nicht dabei zuschauen, wie der wetterwendische Romney zwischen den politischen Polen laviert und die republikanische Botschaft verwässert.

Das Ticket Romney/Ryan könnte sich im Falle eines Sieges daher zu einer Präsidentschaft Ryan/Romney entwickeln. Das wäre historisch zwar ungewöhnlich, doch nicht neu. Zur Erinnerung: Der machtbewusste Dick Cheney hatte während der Präsidentschaft von George W. Bush so straff die Fäden gezogen, dass der Vize als heimlicher Chef im Weißen Haus galt.

Paul Ryan müsste dabei gar nicht in bulliger Cheney-Manier agieren. Gewinnen die Republikaner die Wahlen, dann darf sich der Haushaltsexperte ohnehin als eigentlicher Wahlsieger fühlen. Und nicht nur das: Mitt Romney wird schon in den ersten Wochen seiner Amtszeit dringend auf die Hilfe seines Vizes angewiesen sein, wenn er jene Themen auf dem Tisch hat, die er aus der Opposition heraus bislang so komfortabel kritisieren konnte. Etwa wenn die Obergrenze der Verschuldung auch unter einem republikanischen Präsidenten heraufgesetzt werden muss.

Die starke Fraktion der Tea-Party-Abgeordneten in den Reihen der Republikaner wird einem ausgewiesenen Sparkommissar wie Ryan nicht in den Rücken fallen. Bei dem sich gerne liberal gebenden Romney dürfte man sich da indes nicht sicher sein. Doch die Unterstützung der Parteirechten wird ihren Preis haben. Und eher früher als später wird Romney ihn bezahlen müssen.

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