Sandy Exposes America's Decaying Infrastructure

Edited by Gillian Palmer

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Sandy zeigt, wie marode Amerikas Infrastruktur ist

Von Marlies Uken

Datum 30.10.2012

Kaputte Stromleitungen und einsturzgefährdete Dämme – Sturm Sandy zeigt: Die Infrastruktur in den USA ist komplett veraltet. Das wird nun zum Problem.

Erst vor wenigen Wochen legte das World Economic Forum den Finger in die Wunde. In einem Report, der die Wettbewerbsfähigkeit von weltweit 144 Staaten untersuchte, landeten die USA nur auf Rang sieben. Hinter der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland.

Ein Grund hierfür war die marode Infrastruktur. Seit Jahrzehnten investiert Amerika zu wenig in moderne Strom- und Telekommunikationsnetze. Betrachtet man nur die Qualität der Energieversorgung, schaffen es die USA sogar nur auf Rang 32 der Welt. Immer wieder bricht das Stromnetz zusammen, kommt es zum Blackout. Das alles geschieht nicht in einem Entwicklungsland, sondern in einer weltweit führenden Industrienation. Sogar Staaten wie Slowenien und Portugal haben ein besseres Stromnetz als die USA.

Das Weiße Haus gab zuletzt selbst in einem offiziellen Dokument zu, dass sich seit Ende des 19. Jahrhunderts, als der Erfinder Thomas Edison die Elektrifizierung voranbrachte, wenig im Land geändert habe. “Die USA waren einmal die Vorreiter der Moderne”, sagt Eberhard Sandschneider von der Gesellschaft für Auswärtige Politik, “heute sind sie bei der Infrastruktur die Nachzügler.” Das wird nun zum Problem, da der Sturm Sandy die USA heimsucht.

Stromkabel auf Holzmasten

Noch immer gibt es Stromunternehmen, die ohne Informationen in Echtzeit arbeiten. Im Falle eines Stromausfalls können sie noch nicht einmal sagen, welche Haushalte nicht mehr am Netz sind. Ein Großteil der Leitungen verläuft noch oberirdisch auf Holzmasten. Das alles macht die Energieversorgung besonders anfällig für Wirbelstürme wie Sandy. Stürzt ein Baum auf ein Kabel, gehen schnell in einem ganzen Viertel die Lichter aus. Auch deshalb sind derzeit mehr als sieben Millionen Menschen ohne Strom.

Das alles ist die Folge eines seit Jahren andauernden Trends: Der Neubau von Stromleitungen und Umspannwerken verläuft viel zu langsam. Während die Stromnachfrage im Land seit 1990 um 25 Prozent gestiegen ist, ging der Bau von Übertragungskapazitäten im gleichen Zeitraum um 30 Prozent zurück, teilte unlängst die Ingenieursvereinigung ASCE mit. Die fehlende Modernisierung rächt sich jetzt.

Das Stromnetz ist nur eine Baustelle. Die Straße sind voller Schlaglöcher, die Häfen sind kaputt, die Kanalisationen marode, Der Investitionsbedarf für die gesamte Infrastruktur ist riesig. Die Flughäfen sind zu klein, immer wieder kommt es zu Verspätungen. Das kostet Zeit und Geld. Die Häfen platzen aus allen Nähten und können teilweise die nächstgrößere Generation von Containerschiffen nicht mehr abfertigen.

Jede vierte Brücke instabil

Kaum besser steht es um die Brücken. Nach ASCE-Angaben ist jede vierte der 600.000 Brücke instabil oder funktionsunfähig. Als “alarmierend” bezeichnen die Ingenieure auch den Zustand der Staudämme. Rund 15.000 der insgesamt 85.000 Dämme bescheinigt ASCE ein hohes Gefährdungspotenzial.

Um die Infrastruktur zu modernisieren, wären gigantische Summen nötig. ASCE schätzt allein den Finanzierungsbedarf für das Stromnetz bis zum Jahr 2020 auf 107 Milliarden Dollar. “An Geld scheitert es allerdings nicht immer”, schreiben die Fachleute. “Zu strenge Genehmigungsauflagen, Gerichtsverfahren und unklare Regulierungsvorgaben verhindern den Netzausbau.” Über alle Bereiche hinweg – Wasserwege, Stromnetz, Flughäfen, Straßen, Versorgung – geht ASCE für die kommenden fünf Jahre von einem Investitionsvolumen von 2,2 Billiarden US-Dollar aus.

Im Wahlkampf haben solche Summen bislang keine Rolle gespielt. “Mit Themen wie Infrastruktur können Kandidaten keinen Blumentopf gewinnen”, sagt Sandschneider. Allerdings glaubt er auch, dass Sandy dafür sorgen könnte, dass das Thema im Wahlkampf größere Beachtung findet. “Wenn sich Obama als guter Krisenmanager beweist, kann das zu einem Wahlsieg beitragen.”

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