Edward Snowden in Putin's Stranglehold

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Der amerikanische Whistleblower sucht in einem Land Schutz, das seit Jahren die Freiheitsrechte verletzt, Oppositionelle verfolgt und wegsperrt und auch Snowden in eine Marionette verwandeln wird.

Edward Snowden zieht ins Land, wo der Kokolores blüht. Künftig wird er Schutz in einem Staat suchen, dessen Führung nicht viel von der Freiheit hält. Freilich blieben dem früheren amerikanischen Geheimdienstmitarbeiter nur wenige Orte, die ihn aufgenommen hätten.

In Russland entgeht er der Gefahr einer weiteren Flucht, die Washington womöglich gewaltsam beendet hätte. Nun droht dem Whistleblower das Schicksal eines Kim Philby. Nachdem der britische Meisterspion 1963 nach Moskau geflohen war, blieb ihm seine Heimat auf ewig verschlossen. Philby starb 25 Jahre später vereinsamt im Moskauer Exil. Dennoch ist Snowdens Entschluss, in Russland zu bleiben, aus seiner Sicht durchaus verständlich.

Es ist schon drollig, dass sich ausgerechnet Russlands Präsident Wladimir Putin für die Meinungsfreiheit starkmacht. Kurz vor der Nachricht von Snowdens Wahl erlaubte Putin verschiedenen russischen Menschenrechtsgruppen sogar, den ehemaligen NSA-Mitarbeiter im Transitbereich des Moskauer Flughafens zu besuchen. Durchsichtiger kann die russische Politik nicht werden.

Halbstarke Gesten eines Gernegroß

Wladimir Putin nutzt Edward Snowden und die russischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), um sich gegen die Vereinigten Staaten zu positionieren. Seit Langem betreibt der Moskauer Gernegroß die Taktik, seiner Bevölkerung mithilfe halbstarker Gesten weiszumachen, Russland sei noch immer eine Supermacht und stünde auf Augenhöhe mit den USA. Weder das eine noch das andere entspricht den Tatsachen.

Sonderbar ist nur, dass die NGOs dieses Spiel mitmachen. Seit dem Winter 2011 unternimmt der Kreml alles, um die Opposition zum Schweigen zu bringen. Putin ließ Protestversammlungen gewaltsam auflösen, das Demonstrationsrecht verschärfen und missliebige Internetseiten löschen. Darüber hinaus schickte er seine Staatsanwälte und Steuerbehörden gegen Amnesty International Russland und Memorial los.

Gruppen, die politisch tätig sind und ausländische Spenden erhalten, müssen sich seit dem Sommer vergangenen Jahres als “ausländische Agenten” registrieren lassen – mit sämtlichen Folgen, die ein solches Kainsmal in Russland mit sich bringen kann.

Einigen Anhängern der Bürgerrechtsbewegungen, die sich nun in Moskau mit Snowden freuen, droht noch immer ein Prozess wegen angeblicher Massenunruhen, an denen sie teilgenommen hätten. Sie und auch Snowden sollten wissen, was der mit totalitären Regimen erfahrene polnische Schriftsteller Stanislaw Lec schrieb: “Marionetten lassen sich sehr leicht in Gehenkte verwandeln. Die Stricke sind schon da.”

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