Obama's Muscle-Flexing

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„Auch ein Friedens-Nobelpreisträger könnte eine Toleranzschwelle haben – und die moralische Pflicht zum Handeln.“

Die USA lassen im Mittelmeer militärisch die Muskeln spielen. Die Rhetorik von Barack Obama war bisher eher zurückhaltend: Der US-Präsident, der durch die „rote Linie“-Drohung im letzten Jahr auch seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel gestellt hat, suchte in seinen Aussagen nach Gründen, nicht aktiv werden zu müssen.

Das Nahziel Obamas schien gestern nach einer Zusage Syriens erreicht: Zunächst einmal die UN-Inspektoren an den Ort der neuerlichen Gräueltaten zu bekommen. Was von den Untersuchungsergebnissen wie interpretiert wird, dürfte aber für weiteres diplomatisches Tauziehen sorgen. Doch was, wenn die USA und die Alliierten erneut und klar Assads Militärs als Schuldige sehen werden? Eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die lediglich den Einsatz von Massen-Vernichtungswaffen verdammt, wäre wirkungslos.

Der US-Präsident hat deutlich gemacht, dass vor einem Eingreifen die Unterstützung der Alliierten und die juristische Legitimation der Vereinten Nationen stehen müssten. Dass wiederum dort die Russen jegliche Intervention gegen ihren Freund Assad blockieren würden, ist aber klar. Auch Berlin würde sich wohl, wie in der Libyen-Frage, enthalten. Kanzlerin Merkel hinkt mit ihrer Aussage, der Konflikt in Syrien sei nur politisch, aber militärisch nicht zu lösen, den Ereignissen hinterher.

Die Kriegsparteien stehen sich dort unversöhnlicher denn je gegenüber, eine politische Einigung scheint ausgeschlossen. Jetzt geht es in der internationalen Debatte um wirksame Abschreckung, um weitere Gräueltaten zu verhindern – so wie 1999 im Kosovo.

Allerdings scheint gerade mit Blick auf Nahost die Gefahr wesentlich größer, dass eine Militäraktion Folgen auch über Syrien hinaus hat, wie die jüngsten Wortmeldungen im Iran und in Israel zeigen. Unterschätzen sollte aber Assad Barack Obama nicht. Auch ein Friedens-Nobelpreisträger könnte eine Toleranzschwelle haben – und die moralische Pflicht zum Handeln.

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