Erdogan Is Part of the Problem, Not the Solution

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Erdogan ist Teil des Problems, nicht der Lösung

US-Vizepräsident Joe Biden ist mit dem Versuch gescheitert, die Türkei enger in den Kampf gegen IS einzubeziehen. Offenbar will Erdogan, dass die Amerikaner zuerst Assad in die Enge treiben.

PHOTO CAPTION: Joe Biden und Recep Tayyip Erdogan lächeln in die Kamera, doch in der Sache sind sie sich nicht einig

Nicht von ungefähr hat Präsident Barack Obama seinen Stellvertreter Joe Biden nach Ankara geschickt, um in der türkischen Hauptstadt um militärische Unterstützung gegen die Kämpfer des Islamischen Staates zu bitten.

Wenigstens doch erwartete der Amerikaner, der vier Stunden lang mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan rang, die Erlaubnis, die Nato-Luftbasis Incirlik in der südlichen Türkei für Angriffe von US-Kampfflugzeugen aus der Luft zu nutzen – ohne den weiten Weg vom Golf oder aus dem Mittelmeer zu absolvieren. Doch weder Bodenunterstützung noch Öffnung der Luftbasis wurden gewährt. Biden dürfte zu dem Schluss gekommen sein, dass wer solche Freunde hat, keine Feinde mehr braucht.

Hinter dem militärstrategischen Konzept Washingtons wie dem gegenläufigen Zögern und Taktieren Ankaras aber steht die Frage, wer künftig im weiteren Mittleren Osten das Sagen hat, wer mit wem die Koalitionen bestimmt und wie weit die Nato in der Dauerkrise der Region eine Rolle zu spielen vermag. Die Türkei ist seit 1954 Nato-Mitglied im Südosten, damals mit Front Sowjetunion. Seit dem Ende des Kalten Krieges, vor allem aber seit den religiösen Aufbrüchen der arabisch-islamischen Welt ist die Türkei auf der Suche nach Identität im Innern und strategischer Umpolung nach außen.

Die Terrormiliz IS ist ein toxischer Feind

Erdogan ist Teil des Problems, nicht der Lösung. Diese strategische Wende ins Unbekannte begann, anfangs noch im Halbdunkel der Gebetshäuser, mit der Rückkehr des Ajatollah Khomeini nach Teheran 1979. Seitdem hat diese Revolution in ihren vielerlei sozial-religiösen Gestalten nicht aufgehört, Welle auf Welle der Unruhe auszusenden, bis tief hinein nach Europa.

Die USA sehen zwar im selbst ernannten Islamischen Staat einen toxischen Feind mit dem Potenzial, die gesamte Region des Mittleren Ostens ins Chaos zu stürzen und als neue Ordnungsmacht aus Blut und Glauben zu triumphieren. Aber zugleich scheut Obama, beraten von seinen kriegsmüden Militärs, den Einsatz amerikanischer “boots on the ground” – also Infanterie, Panzer und Streitkräfte für besondere Aufgaben. Die aber werden gebraucht, wenn Kampfjets die Hauptarbeit im Kampf gegen die Terrormilizen geleistet haben.

Erdogan taktiert, wie schon seit Langem, zwischen Westorientierung und Islamismus. Er verlangt offenbar von den Amerikanern, Syriens Herrscher Assad durch Flugverbotszonen in die Enge zu treiben – die Amerikaner aber ahnen, dass Assad eines Tages noch gebraucht wird gegen die Dschihadisten, und lehnten erst einmal ab. Kein Alexander ist da, den gordischen Knoten zu zerschlagen – auch nicht die amerikanische Supermacht.

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