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Kommentar zum CIA-Folterbericht: Alles muss ans Licht

Folter, Geheimgefängnisse, Entführungen: Der US-Senat will einen bisher geheimen Report über die CIA unter George W. Bush veröffentlichen. Die Aktion ist umstritten, es gibt Sicherheitsbedenken – dennoch ist sie dringend nötig.

Wieder streitet Amerika um Waterboarding und Co. Doch diesmal geht es nicht um ein Verbot der Folter – Präsident Obama hat die als Enhanced Interrogation Techniques verklausulierten Foltermethoden bereits vor sechs Jahren untersagt -, sondern um den Umgang mit der historischen Last: Öffentlich machen, was geschehen ist? Oder geheim halten?

Voraussichtlich am heutigen Dienstag wird der US-Senat Auszüge aus einem klassifizierten, rund 6000 Seiten umfassenden Untersuchungsbericht zu Folter und Misshandlung von Terrorverdächtigen während der Amtszeit von George W. Bush veröffentlichen. Auf knapp 500 Seiten sollen dann neue Details zu den brutalen Verhörmethoden der CIA in den Jahren nach 9/11 enthüllt werden.

Mehr noch: Nach allem, was man hört, wird der Report nicht allein die Foltermethoden auflisten, sondern auch zum Ausdruck bringen, dass der Einsatz von Folter im Kampf gegen den Terror wirkungslos war. Das ist ein entscheidender Punkt. Stets haben die alten Bush-Krieger das Gegenteil behauptet. “Das CIA-Programm hat Leben gerettet”, schrieb Bush in seiner Autobiografie.

Nun warnen einige Republikaner, Leute aus der Umgebung des früheren Präsidenten, aber auch US-Außenminister John Kerry vor einer Veröffentlichung – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt: Die Weltlage sei zu brisant, der Report könne neue Gewalt in Nahost auslösen, das Leben amerikanischer Geiseln kosten. Und Ex-CIA-Beamte erklären, die heutigen Kritiker aus dem Parlament hätten doch damals nach den Anschlägen den Geheimdienst gedrängt, etwas zu unternehmen – was immer es koste.

Das Weiße Haus hingegen hat gerade erneut Unterstützung für die Veröffentlichung signalisiert. Das ist richtig so. Denn den perfekten Zeitpunkt für einen solchen Report wird es niemals geben. Nicht in Amerika, nicht in der arabischen Welt. Hinzu kommt: Wenn jetzt nicht veröffentlicht wird, könnten die Republikaner den Bericht im Januar mit ihrer neuen Mehrheit im Kongress blockieren.

In einer Demokratie muss Aufarbeitung in der Öffentlichkeit stattfinden, nicht im Geheimen. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein, Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, hat recht: Diese Taten müssen öffentlich werden, denn jeder, der das lese, werde es nie wieder geschehen lassen. Amerika muss sich ehrlich machen, um die Last der schlimmen Jahre unter George W. Bush abzuschütteln.

Und die Veröffentlichung enthält auch eine Botschaft für die Gegner Amerikas: Die USA machen Fehler, furchtbare bisweilen; aber sie haben die Kraft, sich dazu zu bekennen und daraus zu lernen. Transparenz hat einer Demokratie noch nie geschadet.

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