The Irreplaceable Kingdom

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Das unersetzliche Königreich

Die USA benötigen am Persischen Golf einen strategischen Partner. Seit der Islamischen Revolution in Iran kann dies nur Saudiarabien sein. Aber auch wirtschaftlich ist das Königreich interessant.

Die Strasse von Hormuz am Ausgang des Persischen Golfs nimmt für die Weltwirtschaft eine Schlüsselstellung ein. 2013 floss fast ein Drittel des weltweit verschifften Rohöls durch dieses Nadelöhr, wie das Center for Strategic and International Studies im März unter Berufung auf Zahlen der amerikanischen Behörden berichtete. Zwar haben die USA ihre Abhängigkeit von Ölimporten mittlerweile auf eine Quote von 27 Prozent verringert. Doch die amerikanische Wirtschaft bleibt trotzdem stark vom reibungslosen Schnurren der Weltwirtschaft abhängig. Nach Schätzungen der CIA importierte Amerika 2014 Waren im Umfang von mehr als 2,3 Billionen Dollar.

Wegbrechen der Säule Iran

Früher stützte sich die amerikanische Politik der strategischen Sicherung der Schifffahrtsroute durch die Strasse von Hormuz auf zwei Säulen: Iran und Saudiarabien. Seit Ayatollah Khomeiny den Schah vom Pfauenthron stiess und die Islamische Republik ausrief, ist Saudiarabien das einzige Land am Golf, das die nötige Grösse und Bedeutung hat, diese Aufgabe wahrzunehmen.

Der andere traditionell wichtige Verbündete in der Region, Ägypten, hatte nie die Fähigkeit, seine militärische Macht über die Arabische Halbinsel hinweg an die Gestade des Golfs zu projizieren. Im bilateralen Verhältnis spielte Saudiarabien für die amerikanische Ölindustrie eine Schlüsselrolle. Da die Saudi den Europäern wegen deren imperialistischer Vergangenheit misstrauten, luden sie die Amerikaner ein, ihre Ölindustrie zu entwickeln. Selbst nach der Verstaatlichung der saudischen Ölförderung sind amerikanische Unternehmen in sekundären Funktionen weiterhin präsent.

Grösster Rüstungsimporteur

Das Weisse Haus bezifferte die amerikanischen Exporte ins Königreich im Jahr 2013 auf 35 Milliarden Dollar. Von Bedeutung ist dabei insbesondere der Rüstungssektor, überholte Saudiarabien doch 2014 Indien als grösster Importeur von Rüstungsgütern. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass das Königreich keine nennenswerte eigene Rüstungsindustrie hat. Aber mit mehr als 17 Prozent Zuwachs auf über 80 Milliarden Dollar verzeichnete Riad laut dem Internationalen Stockholmer Institut für Friedensforschung (Sipri) auch das grösste Budgetwachstum für Verteidigung. Es ist offensichtlich, dass die Saudi nach den Erfahrungen mit der amerikanischen Haltung zum Arabischen Frühling und den – anfangs vor den Saudi geheim gehaltenen – Verhandlungen mit Iran zur Beilegung des Atomstreits erpicht sind, ihre Sicherheit stärker in die eigene Hand zu nehmen.

Breiter Katalog an Waffen

Wohl sorgt der israelisch-arabische Konflikt dafür, dass Saudiarabien nicht die erste Garnitur der amerikanischen Rüstungstechnologie einkaufen kann. Dieses Privileg bleibt dem jüdischen Staat vorbehalten, dem Amerika seit je einen militärischen Vorsprung gegenüber den Arabern garantiert. Doch nur schon ein flüchtiger Blick auf den umfangreichen Katalog der amerikanischen Waffensysteme und Ausbildungsangebote, die Saudiarabien seit 2010 im Wert von über 90 Milliarden Dollar aus den USA bezog, zeigt deutlich: Hier wurde nicht Ramsch verscherbelt. Die Palette reicht von nachgerüsteten F-15-Kampfjets über Apache-Helikopter und Javelin- und Tow-Raketen bis zu Raketenabwehrsystemen des Typs Patriot PAC-3.

Schliesslich profitieren auch beide Seiten von der Zusammenarbeit ihrer Sicherheitsdienste bei der Bekämpfung des Terrorismus. Dazu trägt die Tatsache bei, dass viele Kaderfiguren der Organisation al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel Staatsbürger Saudiarabiens sind.

Beziehung mit Konflikten

Saudiarabien pflegt seit Jahrzehnten eine enge strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten. Der langjährige Aussenminister Saud al-Faisal, der vierzig Jahre im Amt war und letztes Jahr starb, hat diese wesentlich geprägt. Wie später viele weitere Mitglieder der saudischen Elite hatte Saud al-Faisal in Amerika studiert. Er stand für eine Aussenpolitik, die langfristig auf das Bündnis mit Washington setzte und dieses dank der Zusammenarbeit von Militär und Geheimdiensten als zentral für die Stabilität der saudischen Monarchie erachtete.

Die Beziehung zum Westen ist für Riad nicht zuletzt auch wegen der Investition saudischer Petrodollars in westliche Unternehmen bedeutend. Die USA sind überdies nach der EU der wichtigste Handelspartner der Saudi. In den letzten Jahren kam es zu Interessenkonflikten zwischen Washington und Riad. Amerikas Haltung zum Arabischen Frühling erzürnte Riad, da Volksbewegungen für politische Mitbestimmung für die Monarchie eine Bedrohung sind. Dem zunehmenden Einfluss Irans im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins sah das Königshaus mit Unmut zu. Erst recht fühlte es sich durch das Atomabkommen mit Iran brüskiert.

Washington betrachtet die ideologische Nähe des vom saudischen Staat propagierten Wahhabismus zu radikalen sunnitischen Jihadisten mit Argwohn. Die Saudi fürchten derweil wegen ihrer Partnerschaft mit den in der Region verhassten Amerikanern selber den Zorn von Extremisten. Die neue Generation in der saudischen Führung versucht, sich international unabhängiger zu positionieren. So ist die eigenmächtige Intervention in Jemen zu verstehen. Washington unterstützt die Intervention primär, um die Saudi nach dem Abkommen mit Iran nicht noch mehr vor den Kopf zu stossen.

Das zeigt, dass Riad für Washington trotz Komplikationen weiterhin Gewicht hat und dieses auch ausspielt. So hat Riad nach wie vor einen starken Einfluss auf den Ölpreis, auch wenn seine Petrodollars knapper werden und die amerikanische Eigenproduktion steigt. Auch in der Terrorbekämpfung scheint man nach wie vor mangels Alternativen auf Riad als Partner zu setzen.

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