US Primaries: The Cowardice of the Old Guard

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US-Vorwahlen: Die Feigheit der alten Garde

Die US-Präsidentschaftsbewerber Trump und Sanders inszenieren sich als Rebellen gegen eine korrupte Politikerkaste. Ihre etablierten Rivalen machen es ihnen leicht: Sie haben verlernt, ihre Überzeugungen zu verteidigen.

Mal ganz grob formuliert, ist es mit Bernie Sanders und Donald Trump so: Der eine will das Land zu einem Hort der Gerechtigkeit, der andere die Nation zu einer Insel der Vollblutpatrioten machen. Zwei Sieger, zwei Welten.

Aber eines haben die Gewinner von New Hampshire gemeinsam: Sie inszenieren sich als Anführer der Wütenden. Wir holen uns das Land zurück, das ist der Tenor in beiden Kampagnen. Die politische Spitzenklasse, verkörpert durch die Bushs und die Clintons, ist in ihren Augen eine Versammlung korrupter Eliten.

Ja: Es läuft viel falsch in Washington. Der Einfluss des Geldes ist zu groß. Lobbyisten bemächtigen sich des Kongresses. Und nein: Clinton, Bush und die übrigen etablierten Kandidaten sind keine Bilderbuchpolitiker. Sie machen Fehler, organisierten durch Seilschaften ihren Aufstieg im System und haben Kontakte ins Großkapital. Das ist nicht sonderlich sympathisch. Aber wie sie im Vorwahl-Diskurs zum Inbegriff des Bösen gemacht werden, ist erstaunlich. Noch erstaunlicher ist, dass sie sich kaum dagegen wehren.

Die etablierten Kandidaten kapitulieren davor, ihren Beruf zu verteidigen, ihre Arbeit in Washington und ja – auch ihre Überzeugungen. Die Bushs und Clintons lassen sich vorführen und diskreditieren. Unwidersprochen dürfen Trump und Sanders auf alles schimpfen, was im Entferntesten nach Washington aussieht. Es wäre in einer solchen Situation nicht verkehrt, zumindest mal den Versuch zu unternehmen, die Deutungshoheit zurückzuerobern. Den Menschen zu vermitteln, dass ein Leben in und für die Politik kein Schwerverbrechen ist und man nicht automatisch käuflich ist, nur weil man in Capitol Hill herumläuft.

Aber Clinton und Co. scheuen diese Debatte aus Angst vor der Rache der Basis. Um nicht noch mehr mit dem System in Verbindung gebracht zu werden, geben sie sich einfach auch ein bisschen rebellisch. Clinton kippt nach links, die anderen nach rechts. Mit ihrem Wankelmut beschleunigen sie noch den Prozess der Verdrossenheit, dem sie sich eigentlich entgegenstellen müssten.

Die Kapitulation ist auch deshalb bemerkenswert, weil nicht einmal klar ist, ob sich wirklich ein Großteil der Amerikaner von Washington abwendet. Auf republikanischer Seite hat Trump gewonnen. Aber in New Hampshire stimmte mehr als die Hälfte der Wähler für pragmatische Kandidaten. Auf demokratischer Seite erklärten die Wähler des Staates Clinton ihr Misstrauen. Aber in der Partei definieren sich noch immer rund 60 Prozent als moderat oder konservativ. Umstürze? Wollen die wohl eher nicht.

Welche Ironie, dass sich die Etablierten ausgerechnet von Trump und Sanders die Leviten lesen lassen. Trump hat nicht einmal ansatzweise ein politisches Konzept, nahezu sämtliche Probleme lassen sich aus seiner Sicht mit einem Mauerbau an der Grenze zu Mexiko lösen. Und Sanders ist ein interessanter Mann mit einer Menge Enthusiasmus. Aber dass er sich als Inbegriff der Integrität inszeniert, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Auch er hat das öffentliche System der Wahlkampffinanzierung gemieden, weil er wusste, dass Privatspenden seine Schatulle voller machen.

Material gibt es genug, um sich von den selbst ernannten Rebellen abzugrenzen. Und Gründe auch.

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