Eastern Europeans Celebrate NATO Summit as a Success

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Osteuropäer feiern Nato-Gipfel als Erfolg

US-Präsident Obama sagt die „Verteidigung jedes Nato-Partners“ zu. Die östlichen Nato-Staaten freuen sich über das Signal an Russland. Moskau entgegnet, dass sich die Allianz die Bedrohung nur einbilde.

Warschau. Es waren deutliche Worte, die US-Präsident Barack Obama vor seiner Abreise vom Nato-Gipfel in Warschau für die Verbündeten parat hatte: „In dieser herausfordernden Zeit will ich ganz klar sagen, was sich nie ändern wird: das unerschütterliche Engagement der USA für die Sicherheit und Verteidigung Europas, für unsere transatlantischen Beziehungen und die Bündnisverteidigung.“ Obama verwies darauf, dass mehr als 60.000 US-Soldaten in Dutzenden europäischen Staaten dienten. „Worauf ich hinauswill: In guten wie in schlechten Zeiten, Europa kann sich auf die USA verlassen – immer“, sagte der scheidende US-Präsident. „Wir werden jeden Verbündeten verteidigen.“ Vor allem Letzteres war als Aufmunterung für Nato-Partner wie die baltischen Staaten gedacht, die sich besonders von Russland bedroht fühlen.

Obama flog am Wochenende schließlich weiter nach Spanien, wo er König Felipe VI. traf – und ganz nebenbei die EU-Sparpolitik kritisierte. Dann ging es – wegen der jüngsten Gewalt in den USA früher als geplant – zurück nach Washington (siehe auch nebenstehenden Artikel).

Das polnische Trauma von 1939

Kaum waren die internationalen Gäste aus Warschau abgereist und der Nato-Gipfel in der polnischen Hauptstadt beendet, machte sich in Osteuropa Genugtuung über den Ausgang des Treffens breit: Endlich habe man Kreml-Chef Wladimir Putin eins vor den Bug geschossen, meinten sinngemäß viele Kommentatoren zwischen Sofia und Tallinn. Dass der Gipfel nicht nur in Moskau, sondern auch in westlichen Hauptstädten als Anti-Russland-Gipfel kritisiert wird, stört im Osten wenig. „Ich denke, es gab in den vergangenen Jahren kein Ereignis, das so wichtig war wie dieser Nato-Gipfel, wie die Tatsache, dass in Polen dauerhaft Nato-Militär stationiert wird“, sagte Polens Innenminister Mariusz Błaszczak. „Das wird Aggressoren den Wunsch auf eine Aggression gegen Polen oder andere Staaten nehmen“, freute sich der polnische Regierungspolitiker.

Vor allem in Polen kommt mit dem Nato-Beschluss über die Stationierung von vier multinationalen Bataillonen ein wichtiges historisches Element dazu. Gefangen im Trauma des schutzlosen Ausgeliefertseins während des deutschen Überfalls von 1939, war in Polen der Wunsch nach Sicherheitsgaranten in Form von Nato-Truppen immer stark. Wichtig dabei war stets, dass möglichst viele US-Soldaten möglichst dauerhaft in Polen stationiert würden. Das polnische Kalkül geht nämlich davon aus, dass gefallene Amerikaner im Falle eines russischen Angriffs auf Polen die USA automatisch in den Krieg hineinziehen würden. Die USA könnten sich somit nicht wie 1939 die Briten und Franzosen vor einem Militäreinsatz zugunsten Polens drücken. Dass ein russischer Überfall heute – trotz der Lage im ukrainischen Donbass – höchst unwahrscheinlich ist, spielt dabei keine Rolle. Wichtiger ist für die Polen das Opfertrauma des Zweiten Weltkriegs.

Ähnlich argumentieren die Balten, die im Zweiten Weltkrieg wie die Polen Opfer des Hitler-Stalin-Pakts wurden. Hunderttausende Litauer, Letten und Esten wurden damals von den Sowjets nach Sibirien verschleppt, die meisten davon starben im sowjetischen Gulag. Dass ausgerechnet Deutschland nun das in Litauen stationierte Nato-Bataillon anführen soll, ist in Osteuropa kaum umstritten, sondern eher ein Grund zur Freude. Auch in der polnischen Öffentlichkeit wurde im Vorfeld des Nato-Gipfels immer wieder lobend erwähnt, dass Berlin seinen Widerstand gegen eine Nato-Truppenverlegung an die Grenzen Russlands endlich aufgegeben habe.

„Die Nato ist aufs Feld hinausgegangen“

Polen, Litauen, Lettland und Estland erhalten mit dem Gipfelbeschluss deshalb die Sicherheitsgarantien, die sie schon immer gefordert haben. Kritisiert wird allenfalls, dass die Truppenstärke weniger groß ausgefallen ist als ursprünglich gewünscht. Polen etwa forderte 2014 noch mindesten zwei Nato-Bataillone zu je tausend Mann. Auch hätte man lieber eine Dauerpräsenz als die nun aus Rücksicht auf die Nato-Russland-Grundakte von 1997 beschlossene Truppenrotation gehabt. Abgefedert wird dieses Manko aus osteuropäischer Sicht aber durch die von den USA angekündigte zusätzliche Verlegung einer ganzen schweren Brigade von rund 4500 Mann an die Ostflanke.

Die osteuropäische Erfahrung mit Russland zeigt zudem – wie in Warschau, Vilnius, Riga und Tallinn immer wieder betont wird –, dass der Kreml nur die Sprache der Härte verstehe. Abschreckung ist deshalb für die Osteuropäer viel wichtiger als Dialog. Russland sei nicht bereit, sich anders zu verhalten, erklärte nach Abschluss des Nato-Gipfels die litauische Staatspräsidentin, Dalia Grybauskaité. „Die Nato hat ihre Planungsphase endlich hinter sich gelassen, ist aufs Feld hinausgegangen und zu einer echten Verteidigungsorganisation geworden“, sagte Grybauskaité. „Es ist das erste Mal nach dem Kalten Krieg, dass die Nato-Partner in diesem Ausmaß in Abschreckung und Verteidigung ihres eigenen Territoriums investieren.“

Russland: Westliche Allianz ist fixiert

Moskau zeigte sich in einer ersten Stellungnahme auch erstaunlich zurückhaltend: „Es ist absurd, über eine Bedrohung aus Russland zu sprechen, wenn im Nahen Osten täglich Hunderte Menschen sterben“, sagte Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow. Russlands Außenministerium erklärte, die Nato sei auf die Abwehr einer Bedrohung aus dem Osten fixiert, die es gar nicht gebe. Man werde am Mittwoch beim Nato-Russland-Rat auf Erklärungen für die jüngsten Pläne der Allianz pochen. Neue Drohgebärden aus Moskau gab es zunächst aber nicht. Noch vor dem Gipfel hatte Russlands Präsident Putin mit harten Gegenmaßnahmen gedroht, sollte in Warschau eine Stärkung der Nato-Ostflanke beschlossen werden.

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