Trump Is Harming Himself

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Der US-Präsident ist „Bush reloaded“, allerdings mit noch weit schlechteren Argumenten. Der Leitartikel.

Geschichte wiederholt sich nicht. Wenn doch, dann als Groteske. Im Fall von Donald Trump und dem US-Klimaschutz ist es eine Groteske, die für die Amerikaner zur Tragödie werden könnte. Der Präsident der Weltmacht versucht, sein Land mit fossilen Methoden wieder groß zu machen. Damit führt er es allerdings weltweit in die Isolation, und zwar nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch. Man hat den Eindruck, der Mann lebt auf einem anderen Planeten.

Trump inszeniert sich als Retter seiner angeblich von einem internationalen Klimavertrag, dem 2015 geschlossenen Paris-Abkommen, bedrohten Nation. Das Muster ist nicht neu. Trump ist „Bush reloaded“, allerdings mit noch weit schlechteren Argumenten. Sein Vorvorgänger im Präsidentenamt, George Bush jr., hat im Jahr 2000 vorexerziert, wie man aus einem fahrenden Klimaschutz-Zug springen kann. Er erklärte damals schlicht, das 1997 von den USA mit unterschriebene Kyoto-Protokoll widerspreche dem „American Way of Life“, – und verweigerte eine Ratifizierung im US-Parlament. Der Paris-Vorläufer, der damals nur die Industrieländer zum Treibhausgas-Sparen verpflichtete, forderte von den USA ein vergleichsweise moderate Senkung des CO2-Ausstoßes. Die amerikanische Erdöl- und Kohleindustrie sperrte sich dagegen, und Bush war ihr treuer Erfüllungsgehilfe.

Der heutige Präsident argumentiert ähnlich. Nur, die Energiewelt hat sich seit Bushs Kyoto-Ausfall völlig verändert. Wind- und Solarstrom sind so billig geworden, dass sie den Jobmotor darstellen, nach dem Trump ausgerechnet in den alten Kohlegruben und abgeschalteten Kohlekraftwerken sucht. Seit 2013 ist die Zahl der Kohle-Arbeitsplätze in den USA von rund 80 000 auf 53 000 zurückgegangen, gleichzeitig stieg die Zahl der Jobs im Bereich Erneuerbare von 183 000 auf 476 000. Nirgendwo in dem Land werden so viele Windräder gebaut wie ausgerechnet im Öl-Staat Texas, und viele Bundesstaaten, allen voran Kalifornien, werden Trumps Klima-Harakiri nicht mitmachen.

Auch die öffentliche Meinung in den USA hat sich gedreht. Nicht nur die Erneuerbare-Energien-Branche, auch Konzerne wie Apple und Walmart appellierten an Trump, Paris nicht in die Tonne zu treten, sogar der Ölkonzern Exxon, der lange wieder besseres Wissen den Klimawandel leugnete. Zwei Drittel der Amerikaner sprechen sich laut Umfragen für einen Verbleib im Abkommen aus, und sogar drei Viertel der Republikaner-Anhänger fordern, die Erneuerbaren zu fördern.

Entweder Trump hat es nicht mitbekommen. Oder aber, Trumps radikale Strategieberater vom Rechtsaußen-Flügel, Stephen Bannon und Stephen Miller, haben es geschafft, ihm den Paris-GAU als Befreiungsschlag zu verkaufen – angesichts mieser Popularitätswerte und Flops von Gesundheitsreform bis Mexiko-Mauerbau. Ein schlechter Deal für den Dealmaker, wie sich noch zeigen wird.

Natürlich ist Trumps Paris-Exit ein Affront für den Rest der Welt – jene immerhin 194 Staaten, die das Abkommen wie Vorgänger Obamas Regierung unterzeichnet haben. Nun sieht es so aus, als ob der Präsident für den internationalen Klimaschutz sogar etwas Gutes getan hat. Fast könnte man ihm dankbar sein. Schon Trumps ein halbes Jahr währendes Paris-Drin-oder-Draußen-Spiel nötigte die anderen Big-Player der Klimapolitik, vor allem China, die anderen G7-Länder und die EU, sich schützend vor den Paris-Vertrag zu stellen. Nun, nach dem Eklat, gilt das umso mehr. Weltweit ist die Empörung groß. Auch frühere Brüder der USA im fossilen Geiste, wie Australien oder Russland, wenden sich von Trumps Klimapolitik ab.

Nun kommt es aber darauf an, dass den Bekenntnissen auch Taten folgen. Wie ernst es den Paris-Fans nach ihrem Mega-Outing ist, wird sich bereits im Juni beim G20-Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer in Hamburg zeigen. Hier ist der Klimaschutz ein Hauptthema, und es dürfte zu einer harten Konfrontation der anderen Staats- und Regierungschefs mit Trump kommen. Entscheidend wird aber auch sein, wie die Weltgemeinschaft die Umsetzung des Paris-Abkommens auf den künftigen Klimagipfeln vorantreibt.

Hier gibt es zwei Baustellen: Die CO2-Ziele der Staaten müssen verschärft werden, um das 1,5- bis Zwei-Grad-Erwärmungslimit noch einzuhalten. Und die milliardenschwere Klimafinanzierung für die Entwicklungsländer ist abzusichern. Beides ist umso dringlicher, da Washington sich seiner Verantwortung entzieht und die anderen Staaten – zumindest bis auf weiteres – dessen Job mitmachen müssen.

Hier ist es sogar ein Vorteil, dass die USA wohl kaum mehr wie ein normales Mitglied an den Klimakonferenzen teilnehmen können, mag es nach dem Bestimmungen des Paris-Vertrags bis zum formalen Paris-Austritt auch vier Jahre dauern. Aussteiger USA fehlt der Hebel, die Verhandlungen zu verzögern, wie das bei Kyoto lange der Fall war. Nicht umsonst hat die US-Kohleindustrie bei Trump dafür geworben, im Paris-Vertrag zu bleiben, um hier einen Fuß in der Tür zu behalten. Diesen Fuß hat Trump amputiert.

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