Trump Fires Scaramucci: After the Clown Come the Tears

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Trump feuert Scaramucci

Nach dem Clown kommen die Tränen

Was haben wir gelacht! Doch die tollen Tage mit Anthony “The Mooch” Scaramucci sind vorbei, jetzt soll John Kelly Ordnung und Disziplin ins Weiße Haus bringen. Wenn ihm das gelingt, wird es ernst.

Wenn es nicht so ernst wäre, dann könnte man sich glatt unter den Tisch lachen. Nie war die Beobachtung der US-Politik unterhaltsamer als in der vergangenen Woche. Die Nachrichten aus dem Weißen Haus in Washington übertreffen schon längst jede denkbare Parodie, doch der präpotente Präsi-Versteher Anthony Scaramucci brachte noch mal ganz neuen Schwung in die ohnehin bereits furiose Regierung Trump.

Es waren tolle zehn Tage mit ihm, ein irrer Ritt, beginnend mit dem ersten in die Reportermenge geworfenen Kuss bei seiner Berufung und den öligen Liebesbekundungen für den Präsidenten und seine Familie. Dann die erfrischend vulgären Pejorativa, mit denen er seine hausinternen Konkurrenten in einem Telefonat mit einem Journalisten des “New Yorker” überzog. Die stets an Mafia-Filme erinnernden Fotos des dynamischen Kommunikators. Seine perfekt sitzenden und gerade deshalb schwer unseriös wirkenden Anzüge. Sein doch nicht klandestines Abendessen mit Trump, für das er die Geburt seines Kindes schwänzte. Sein kindischer Stolz an Bord von Air Force One. Und am Ende sein Tweet: “Pure Pain”.

Immerhin jetzt Kino statt Trash-TV

Jetzt sind wir “The Mooch” also leider schon wieder los, den Mann, der in seinen wenigen Tagen auf der Weltbühne so viele kommunikative Verwüstungen angerichtet hat wie wahrscheinlich kein Mensch vor ihm in so kurzer Zeit. Es ist zweifelhaft, dass Scaramuccis Leistungen jemals übertroffen werden können.

Nachdem man sich die Lachtränen getrocknet hat nach seinem überraschenden Hinauswurf, könnte es allerdings ernst werden. Der neue Stabschef John Kelly, bisherig als Minister für Homeland Security im Kabinett Trump beschäftigt, soll das Chaos im West Wing in einen Zustand der Ordnung und Professionalität überführen. Dachte man bisher angesichts des trumpschen Personals stets an Protagonisten aus US-amerikanischen Fernsehserien, an schlechte Schauspieler, die eilig zusammengeschusterte Texte aus billigen Drehbüchern vortragen, haben wir es nun mit einem Genrewechsel zu tun: Auftritt des stereotypen Karrieremilitärs, durch und durch ehrenhafter Patriot, mit strengem Blick Gehorsam und Disziplin einfordernd, bekannt aus zahlreichen US-Filmen von “Top Gun” bis “Der Duft der Frauen”. Immerhin jetzt Kino statt Trash-TV, das ist doch ein Fortschritt, möchte man meinen.

Vielleicht kehrt tatsächlich etwas Ruhe ein im Weißen Haus, vielleicht gelingt Kelly, woran bisher jeder gescheitert ist: Vielleicht schafft er es, die Impulsentscheidungen seines Chefs Donald Trump abzufangen und dessen Handeln in rationale Bahnen zu lenken. Doch wäre das tatsächlich eine gute Nachricht für die USA und die Welt?

Einerseits ja: Wenn die US-Regierung berechenbarer agierte als bisher, dann wären die noch immer sogenannten Verbündeten beruhigt, dann müssten auch all jene, die den Twitter-Feed Trumps verfolgen, nicht mehr befürchten, der Präsident könnte hier unvermittelt einen Militärschlag gegen Nordkorea ankündigen. Dann könnte man darauf hoffen, dass die vier Jahre seiner Regierung ohne Katastrophen an uns vorüberziehen.

Äußere Ruhe wäre nur Fassade

Aber wahrscheinlicher ist leider, dass diese Hoffnung unbegründet ist. Denn selbst wenn John Kelly erfolgreich sein sollte bei der Professionalisierung der Regierungsarbeit Trumps, dann wäre diese äußere Ruhe doch nur eine Fassade. Dahinter säße immer noch derselbe Mann, der auf die Idee kommen konnte, einen Gossenmacho wie Scaramucci in ein wichtiges Amt zu hieven und all die anderen Knalltüten, die er um sich geschart hat. Kelly kann Trump besser aussehen lassen, ändern wird er ihn nicht.

Mehr Disziplin im Weißen Haus birgt dazu konkrete Gefahren. Bisher nämlich hat Donald Trump kein einziges seiner furchtbaren Wahlversprechen einlösen können, mit jedem seiner Vorhaben ist er gescheitert – auch, weil alle dahingehenden Versuche stümperhaft waren. Die Regierung Trump ist zwar abstoßend vulgär, xenophob, nationalistisch und rückwärtsgewandt – da sie sich aber kaum einmal durchsetzen konnte, blieb sie dabei jedoch relativ harmlos. Die Welt, im November geschockt von Trumps Wahlsieg, konnte aufatmen. Der Angst folgte die Erkenntnis: Der kriegt ja gar nichts gebacken.

Das könnte sich demnächst ändern. Und das wäre gar nicht lustig.

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