President Trump: The Eternal Gambler

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US-Präsident Trump

Der ewige Zocker

Iran, Handel, Nordkorea: Momentan ist die rabiate Politik des US-Präsidenten scheinbar erfolgreich. Doch wehe, wenn sie scheitert.

Ein Kommentar von Roland Nelles

Wer Donald Trump verstehen will, muss sich immer wieder seine Arbeit als Geschäftsmann anschauen. Niemand traute ihm zu, dass sein erstes Immobilienprojekt in New York, der Neubau des verwahrlosten Hotels “The Commodore”, zu einem Erfolg werden würde. Aber dann gelang ihm das Wunder, das Hotel wurde neu gebaut, und Trump verdiente Millionen, unter anderem durch Steuererleichterungen, die er erhielt.

Einige Jahre später folgte die nächste große Wette: Er plante das Mega-Kasino “Taj Mahal” in Atlantic City. Doch da verzockte er sich spektakulär. Das Projekt wurde zum Desaster – vor allem für jene, die auf Trump gesetzt hatten, kleine Mitarbeiter und Handwerker, die Banken, Geschäftspartner, sie alle verloren viel Geld, zum Teil sogar die wirtschaftliche Existenz. Trump rutschte fast in die Pleite.

Als Präsident agiert Trump heute noch genauso wie als Geschäftsmann. Er ist ein Zocker geblieben, seine Präsidentschaft ist eine einzige, gigantische Wette. Trump wagt stets das Unmögliche, weil er darauf setzt, dass der Triumph dann umso größer ist.

Wenn man einmal den Theaterdonner weglässt, den Trump dabei erzeugt, wird deutlich, dass sein Gebaren durchaus Erfolge zeitigen könnte. Das “Momentum” ist derzeit auf Trumps Seite. In Spielerkreisen würden sie wahrscheinlich sagen: Er hat einen Lauf. Trump ist der Typ im Kasino, der gerade immer mehr Chips vor sich anhäuft und alle stehen staunend um ihn herum.

Beispiel Zölle: Zwar mögen die Europäer den enormen Druck, auch Zeitdruck, den Trump mit der Androhung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium ausübt, als anstrengend empfinden. Aber sie könnten sich am Ende trotzdem dazu gezwungen sehen, dem Amerikaner in den Verhandlungen Zugeständnisse zu machen. Dass Emmanuel Macron und Angela Merkel zu Trump nach Washington pilgern und er ihnen nun gnädig einen Monat Schonfrist bei den Zöllen gewährt, zeigt, wer bei diesen Verhandlungen das Sagen hat. Vor einer Eskalation des Handelskonflikts schrecken vor allem die Deutschen mit ihrer von Exporten abhängigen Wirtschaft zurück. Den Chinesen ergeht es ähnlich.

Beispiel Steuerreform: Trumps gigantische Steuersenkungen für US-Unternehmen und Bürger lassen zwar das Haushaltsdefizit der USA weiter bedrohlich anwachsen, doch zunächst profitiert das Land davon. Amerika wird als Investitionsstandort attraktiver, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Konjunktur läuft rund, die Unternehmen machen satte Gewinne.

Beispiel Nordkorea: Sogar Trumps schärfste Kritiker geben zu, dass er es geschafft hat, das Sanktionsregime gegen Pjöngjang entscheidend zu verschärfen. Trump holte die Chinesen mit an Bord, sorgte dafür, dass sie den Handel Richtung Nordkorea praktisch stoppten. So brachte er den Diktator Kim Jong Un an den Verhandlungstisch. Kim hat bereits die “Denuklearisierung” der Halbinsel in Aussicht gestellt, womit Trumps zentrale Forderung erfüllt wäre.

Beispiel Iran: Ähnlich wie im Fall von Nordkorea spekuliert Trump darauf, dass maximaler Druck dazu führt, dass sich das Regime in Teheran gefügig zeigt. Einiges spricht inzwischen dafür, dass er am 12. Mai einseitig den Nuklear-Deal mit Iran aufkündigt und die Iraner so zu neuen Verhandlungen zwingt – zum Beispiel auch über Syrien oder ihr Raketenprogramm.

Der Rest der Welt mag über diesen Präsidenten den Kopf schütteln – vielen Amerikanern gefällt, was sie sehen. Aus Sicht seiner Anhänger tut Trump genau das, was er versprochen hat: Er setzt seine “America First”-Agenda um und gibt ihnen das Gefühl, als starker Mann für ihre Interessen und die Interessen der USA zu kämpfen.

Donald Trumps Beliebtheitswerte erholen sich, inzwischen sagen im Durchschnitt 42 Prozent der US-Bürger, dass sie mit seiner Arbeit zufrieden sind. Tendenz steigend. Bei einem Trump-Auftritt vor Anhängern in Michigan am vergangenen Wochenende wurde er gefeiert wie lange nicht. Inzwischen machen sich die Republikaner sogar wieder Hoffnungen, dass sie bei den Midterm-Wahlen im Herbst ihre Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus verteidigen können. Sogar für den Friedensnobelpreis ist Trump im Gespräch.

Der Haken an der Sache

Doch natürlich gibt es einen Haken an der Sache: Auch wenn Trump jetzt obenauf ist und scheinbar die Spielregeln bestimmt, ist längst nicht ausgemacht, ob seine Zockerei aufgeht. Eine Wette ist eine Wette ist eine Wette. Und eine Politik, die vor allem auf die eigenen Interessen ausgerichtet ist, die kaum Rücksicht auf andere nimmt, die voll ins politische Risiko geht, kann erfolgreich sein, aber sie kann eben auch spektakulär scheitern.

Was passiert, wenn die Nordkorea-Verhandlungen platzen? Wer garantiert, dass ein neuer Handelskrieg mit der EU und China die Weltkonjunktur am Ende nicht doch in eine dramatische Abwärtsspirale drückt – mit vielen neuen Arbeitslosen auch in den USA? Wie will Trump verhindern, dass seine breitbeinige Außenpolitik eine neue Welle des Anti-Amerikanismus in großen Teilen der Welt auslösen könnte? Und was, wenn der Nahe Osten in eine militärische Konfrontation zwischen Israel, Saudi-Arabien und Iran treibt?

Auf all diese Fragen hat Trump, hat seine Regierung keine Antworten. Und auch Trumps Anhänger sind scheinbar blind für die Risiken und Nebenwirkungen seiner Politik. Sie glauben lieber Trumps süßen Versprechungen.

“Alles wird großartig”, beteuert er. Das hat er beim “Taj Mahal” auch gesagt.

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