So Much For a Fall

<--

zu tun?

Da rüpelt sich einer durch die Welt und hat damit auch noch Erfolg. Mit seiner Erpressungspolitik bringt Donald Trump alle in Bewegung: In Korea liegen sich die Präsidenten von Nord und Süd in den Armen. In Washington reisen die mächtigsten Europäer, Angela Merkel und Emmanuel Macron, an, um Handelssanktionen zu verhindern und das Iran-Abkommen zu retten. So viel Stress Trump daheim auch hat – außenpolitisch scheint es für ihn gerade prächtig zu laufen.

Bei aller Rücksichtslosigkeit hat Trump eben auch ein hochfeines Gespür für die Schwächen der anderen. Am Iran-Abkommen stört ihn nicht nur, dass es sein Vorgänger, der verhasste Barack Obama, durchgesetzt hat. Der Vertrag, der den Bau iranischer Atomwaffen verhindern soll, hat auch ein Verfallsdatum. Teile davon müssen nach zehn Jahren neu verhandelt werden, und in diese Lücke stößt Trump. Ähnlich ist es beim Handel mit Europa: Da wettert Trump gegen die großen Überschüsse der Deutschen, für die Merkel auch von anderen kritisiert wird, etwa vom Internationalen Währungsfonds.

Die Abgesänge auf die Weltmacht Amerika sind verfrüht: Noch mischen die USA als stärkste Militär- und Wirtschaftsmacht überall entscheidend mit. Eben weil sie Urheber oder Garant vieler multilateraler Abkommen sind. Weil ihre Finanzindustrie die größte der Welt ist. Weil sie der Fixpunkt einer global vernetzten Welt sind. Und ebendeshalb haben die Drohungen von Donald Trump solch eine Durchschlagskraft – in Atomfragen, beim internationalen Handel oder bei Finanzsanktionen. Noch.

In just dieser Stärke lauert paradoxerweise die Gefahr des künftigen Abstiegs. Donald Trump stört sich ja an dem, was Amerika so stark macht: an der Globalisierung, an der Vernetzung, an internationalen Verträgen, die seine Vorgänger geschlossen haben. Das Atomabkommen mit dem Iran etwa wäre ohne die USA als Garantiemacht nicht realisiert worden. Auch das Handelssystem ist eine US-Idee. Trump greift an, was Amerika bis heute stark macht. So kann er sicher noch eine Weile berserkern. Die Rechnung kommt später – wenn die anderen Staaten versuchen werden, sich gegen seine Erpressungen zu immunisieren.

China zum Beispiel wirbt bereits sehr geschickt für sich als Bollwerk des Freihandels und der gleichberechtigten Wirtschaftsbeziehungen. Das ist zwar schamlos gelogen, wirkt aber, weil Trumps Protektionismus abschreckt. China baut zudem internationale Institutionen ohne die USA auf. Der asiatischen Investitionsbank AIIB etwa sind auch die Europäer schon beigetreten.

Aber die Europäer müssen die Herausforderung durch Trump auf ihre Weise annehmen. Klar ist, dass die EU auf US-Strafzölle, sollte Trump sie Anfang Juni verhängen, mit eigenen schmerzhaften Zöllen antworten würde. Zusätzlich muss die EU ihre eigenen Netzwerke bauen mit gleichgesinnten Nationen jenseits der USA. Die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit Kanada sollte jetzt zügig über die Bühne gehen. Weitere Abkommen mit Japan, Singapur und mit Mexiko müssen folgen.

Im Mittleren Osten ordnet heute das Iran-Abkommen das nukleare Kräfteverhältnis. Kippt Trump demnächst den Vertrag, könnten Gegner des Irans wie die Regionalmächte Saudi-Arabien, Ägypten und die Türkei atomar aufrüsten. Wie es ohne Amerika geht, zeigt jetzt schon das Beispiel Syrien, wo die Nachkriegsordnung wesentlich von Russland und dem Iran bestimmt wird. Trump hingegen will nur noch raus.

Die USA werden nicht komplett isoliert sein, wie manche in Peking oder Russland träumen. Dafür sind sie einfach zu groß. Aber je mehr Trump andere Staaten unter Druck setzt, desto schneller verliert sein Land die einzigartige Schiedsrichterrolle und die Vorherrschaft, die Trumps Vorgänger über ein Jahrhundert erarbeitet haben.

Das Problem für alle Trump-Gegner ist, dass fürs Erste die kurzfristigen Erfolge seiner Politik alles überstrahlen: Händeschütteln in Korea, Bomben auf Chemiewaffendepots in Syrien, Stillhalten der Palästinenser, wenn die US-Botschaft in Jerusalem öffnet. Damit kann Trump bei den kommenden Wahlen protzen und sie womöglich sogar wieder gewinnen. Wohl erst seine Nachfolger müssen dann ein geschwächtes Land führen, von dem sich viele Staaten abgewandt haben.

About this publication