Einigung mit Iran
Chance für die Freiheit
Von Rudolph Chimelli
3. April 2015
Die Einigung im Streit um das iranische Atomprogramm beendet gleichzeitig den 35 Jahre währenden Konflikt zwischen den USA und Iran.
Für Irans Präsident Rohani ist die Aufhebung der Sanktionen ein großer Erfolg. Ob er ihn nutzt, um die Liberalisierung des Landes wie versprochen voranzutreiben, bleibt abzuwarten.
Iran ist damit weiter auf dem Weg zur regionalen Vormacht. Eine Rolle, für die das Land aufgrund seiner Lage, Bevölkerungszahl und seines wirtschaftlichen und kulturellen Potentials prädestiniert ist.
Der 35-jährige Krieg zwischen Iran und den USA ist zu Ende. Dass die nukleare Streitaxt nach zähen Verhandlungen in Lausanne begraben werden konnte, ist der besseren Einsicht der früheren Feinde zu danken.
Die Amerikaner haben eingesehen, dass sie keinen Regimewechsel in Teheran erreichen können und sich mit der zivilen Atommacht Iran abfinden müssen. Die Iraner haben seit dem Amtsantritt von Präsident Rohani vor bald zwei Jahren nur ein Ziel gehabt, dem sie alles andere unterordneten: den Ausbruch aus der jahrzehntelangen Isolierung, einen Neubeginn der Zusammenarbeit mit dem Westen und damit ein Ende der wirtschaftliche Lähmung durch Aufhebung der Sanktionen.
Der Westen hätte schon viel früher einen Erfolg haben können
Dafür hat Teheran Konzessionen gemacht, die über alle Erwartungen hinausgehen, und seine Atomwirtschaft für ein Vierteljahrhundert internationaler Vormundschaft unterworfen. Aber die Iraner hatten ihr militärisches Atomprogramm schon im Jahr 2003 eingestellt, als die Amerikaner ihnen die Bedrohung durch den Iraker Saddam Hussein vom Halse schafften. Alle westlichen Geheimdienste wussten es und simulierten nur Bedrohungangst.
In der damaligen Runde der Verhandlungen der Europäer mit dem Reformpräsidenten Mohammed Chatami war Teheran bereit, auf 20 Zentrifugen zur Uran-Anreicherung zurückzugehen. Die Europäer jubilierten, aber die Amerikaner verlangten die Null-Lösung. Nach der jetzigen Regelung behält Iran 6 000 Zentrifugen, freilich unter strenger Überwachung der internationalen Atomagentur. Einen solchen Erfolg hätte der Westen früher haben können.
Ob Rohani die Liberalisierung des Landes voranbringt, muss sich zeigen
Für Rohani und seinen Außenminister Zarif ist die Übereinkunft ein glänzender Erfolg. Er war nur möglich, weil der Geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei den Scharfmachern die Kandare anlegte. Auch er hatte begriffen, dass das Land die drückenden wirtschaftlichen und sozialen Lasten loswerden musste. Spruchbänder mit der einst beliebten Aufschrift “Tod Amerika!” machten sich in der Schlussphase der Verhandlungen rar.
Vor seiner Wahl hatte Rohani mehr Freiheiten und Rechtstaatlichkeit versprochen. Das war mehr, als er halten konnte, wie Ex-Präsident Haschemi Rafsandschani noch vor Tagen erklärte. Rohani ging einem Zweifrontenkrieg mit den westlichen Gesprächspartnern und der inneren Opposition bewusst aus dem Weg. Ob er seinen Triumph nutzt, um die Liberalisierung voranzubringen, muss sich zeigen.
Iran ist zur Vormachtstellung in der Region bestimmt
Auf den Straßen Teherans wurde der Erfolg gefeiert wie ein Fußballsieg. Die meisten Iraner wussten, was auf dem Spiel stand und dass von der Dauerkrise nur die Radikalen profitierten. Ein Teil der Revolutionsgarden, der weite Gebiete der Wirtschaft kontrolliert, verwechselte seine Profite mit Patriotismus.
Das saudische Stör-Manöver im Jemen mit einer Bomberoffensive gegen weit übertriebene iranische Einmischung zugunsten der schiitischen Huthi-Rebellen hielt in Lausanne so wenig auf wie Warnungen und Proteste aus Israel. Eines ist nach der Anerkennung Irans als zivile Atommacht deutlicher denn je: die Islamische Republik ist durch ihre Einwohnerzahl, ihre Lage, ihr wirtschaftliches und kulturelles Potential zur regionalen Vormacht bestimmt.
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