Americans are Divided About the War

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Washington/MZ. Als der Krieg im Irak am 20. März 2003 begann, lag eine merkwürdige Stimmung über der amerikanischen Heimatfront. Mit Hurra-Patriotismus zogen die Amerikaner nicht in den Krieg, aber auch nicht mit Skrupeln und Gewissensbissen. Am Anfang stand ein zögernder Schritt hinein in einen Konflikt, den man im leichtfertigen Vertrauen auf die eigene politische Führung, in der Gewissheit der militärischen Überlegenheit und mit vielen unterschwelligen Ängsten begann.

Die tiefgreifende Ambivalenz und Verunsicherung ist noch heute spürbar, auch wenn seither unglaublich viel darüber gestritten worden ist, ob es richtig war, diesen Krieg zu beginnen, und ebenso viel darüber, wann und wie man diesen Krieg beenden soll. Dennoch, auch nach fünf Jahren hat dieser Krieg in der amerikanischen Gesellschaft seinen festen Platz. Er wird angenommen, wie man ein ungeliebtes Familienmitglied akzeptiert, auch wenn man sich ständig darüber ärgert; er wird aber auch verdrängt wie eine hässliche chronische Krankheit, an die man gar nicht denken will, wenn es nicht gerade sein muss.

Amerika am Beginn des sechsten Kriegsjahres. Ein Land, das mit sich selbst und diesem Krieg nicht im Reinen ist, das abwechselnd für kernige Durchhalteparolen und selige Friedensbotschaften empfänglich scheint, dann aber plötzlich wieder in Lethargie verfällt und den Krieg für eine gute Weile ganz ausblendet.

Was ist aus der Friedensbewegung geworden? Gibt es keine Kriegsgegner mehr? Interessiert sich kein Mensch mehr für die vorgeschobenen Gründe, mit denen dieser Krieg begann? Mit diesen Fragen kann man in jeder amerikanischen Gesprächsrunde schnell die wüstesten Debatten auslösen. Doch im Kern ist der Streit um die Kriegsgründe, auch wenn das viele nicht hören wollen, nur noch eine historische Debatte. Für die Lage im Irak spielt sie keine Rolle.

Auch das gehört zur amerikanischen Ambivalenz: Konstant ist die Zweidrittelmehrheit derer, die den Krieg im Rückblick für einen Fehler halten, aber bei allen Fragen, die sich auf die Zukunft der Mission richten, sind die Ergebnisse knapp und schwankend.

Es ist kein Zufall, dass Hillary Clinton und Barack Obama keinen Wahlkampf mit dem Slogan “Holt unsere Soldaten heim!” machen, wie es demokratische Parteistrategen vor einem Jahr geplant hatten. Die Opposition schimpft zwar auf den schlimmen Krieg und verspricht, ihn zu beenden. Doch die Rückzugspläne fallen immer differenzierter aus. Und nur noch 21 Prozent der Amerikaner nennen den Irak-Krieg als wichtigstes Wahlkampfthema.

Die Immobilienkrise, die schlechten Börsennachrichten, der Wahlkampf – über lange Strecken scheint alles wichtiger als der ferne Krieg, an den man sich doch irgendwie gewöhnt hat. Nur hin und wieder schaut man auf die Gefallenenstatistik wie auf den Stromzähler. Dann erschrickt man, wendet sich ab, und der Zähler tickt unbeachtet weiter.

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