Kommentar
Clinton und Obama – bitte aufhören!
von Sabine Muscat (Philadelphia)
Es ist Zeit, dass die Superdelegierten dem Zweikampf der Präsidentschaftskandidaten Clinton und Obama ein Ende setzen – wenn Clinton nicht selbst erkennt, dass es Zeit ist aufzuhören.
Es gibt im Leben Situationen, in denen man eine Entscheidung treffen muss, auch wenn man nicht weiß, ob es die richtige ist. Da kann man Pro und Contra abwägen, Freunde zu Rat ziehen oder zum Wahrsager gehen. Auch Wahrscheinlichkeitsrechnung hilft nur bedingt, weil kein Mensch alle Variablen kennen kann. Und deshalb kann man nur auf der Grundlage der Informationen handeln, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen.
Genau das sollten die Superdelegierten der US-Demokraten jetzt tun, in deren Macht es steht, den Kampf der Rivalen Barack Obama und Hillary Clinton zu einem Ende zu bringen. Diese Informationen liegen vor: Obama hat seinen Kontostand mit Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag ein Stück näher an die Mehrheit gebracht.
US-Wahlkarte mit den bisherigen ErgebnissenMit seinem hohen Sieg in North Carolina hat er darüber hinaus Clintons Sieg in Pennsylvania von letzter Woche neutralisiert. Clinton konnte ihren Rückstand nicht überwinden. Und auch die Dynamik, die ihr ein deutlicher Sieg in Indiana gebracht hätte, bleibt aus.
Die US-Demokraten hatten ein halbes Jahr Zeit, die Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und Hillary Clinton zu vergleichen. Sich zu vergewissern, dass beide im Kern die gleichen demokratischen Positionen vertreten. Wer von beiden am 4. November bessere Chancen gegen den Republikaner John McCain hat, weiß derzeit niemand. Klar ist derzeit nur, dass der Abstand beider Kandidaten zu McCain schrumpft. Die Demokraten sollten sich weniger Sorgen darüber machen, welchen Kandidaten sie haben, sondern ob sie überhaupt einen haben.
Sowohl Obama als auch Clinton sprachen dieses Problem in ihren Reden am Dienstag indirekt an. “Wir müssen uns erinnern, wer wir als Demokraten sind”, sagte Obama, der Sieger von North Carolina. “Es wird keinen Wechsel geben, wenn die Republikaner das Weiße Haus behalten”, sagte Clinton. Aus Sicht der Demokraten wäre es Zeit, genau das zu verhindern. Und eine weitere Runde des unwürdigen Schlammcatchens der letzten Wochen zu vermeiden.
Denn viele Überraschungen stehen nicht mehr an. Clinton ist Favoritin in West Virginia, Kentucky und Puerto Rico, Staaten, in denen weiße Arbeiter und Latinos wählen. Obama hat gute Karten in Oregon, Montana und South Dakota. Er war traditionell stark in liberalen Bastionen sowie im Mittleren Westen. Keiner dieser Staaten wird neue Erkenntnisse bringen, geschweige denn das Rennen drehen. Deshalb will Clinton die Ergebnisse von Michigan und Florida anerkennen lassen, die wegen eines Streits der Staaten mit der Parteizentrale nicht gezählt wurden. Sie hatte in beiden Staaten gewonnen, allerdings ohne echten Wettbewerb.
Das Signal einer solchen Nachbesser-Aktion wäre verheerend. Es würde noch mehr Zwietracht säen, statt die Partei zu einen. Wenn Hillary Clinton nicht von selbst erkennt, wann es Zeit zum Aufhören ist, dann sollten die restlichen unentschiedenen Superdelegierten nachhelfen: mit einem raschen Votum für den Kandidaten, der als Sieger aus den bisherigen Vorwahlen hervorgegangen ist: Barack Obama.
FTD.de, 07.05.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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