The Secret of Hillary’s Staying Power

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Das Geheimnis von Hillarys Durchhaltevermögen

Gegen alle Widerstände hat Hillary Clinton weitergekämpft – und nun bei den Vorwahlen in Pennsylvania ein beachtliches Comeback geschafft. Die eiserne Lady Amerikas überzeugt mit ihrem unbedingten Durchhaltewillen. Ein Blick in Hillarys Familiengeschichte zeigt, woher sie diese Eigenschaft hat.

Hillary Rodham Clintons Vater Hugh Rodham war ein Mann, mit dem sich gut zu stellen ratsam war. Wenn seine Kinder vergaßen, die Zahnpasta wieder zuzuschrauben, warf er die Tube aus dem Fenster, und die Kinder mussten sie draußen

suchen. Für die Zahnpasta-Kontrolle musste der 1,90 Meter große frühere Baseballspieler aus seinem Sessel aufstehen,

was die Laune noch verschlechterte. Denn beim Sport hatte Hugh Rodham sich das Knie lädiert, der Sessel war sein

Befehlsstand. Hillarys Vater hatte es vom Angestellten zum Unternehmer gebracht, aber Taschengeld gab es für die Kinder nicht. Wer wie er auf einem Güterzug nach Chicago in ein neues Leben gefahren war, fing mit dem Geld machen an, indem er sparte und sparte und hart arbeitete. Er verbot Hillary, Tanzstunden zu nehmen. Das alles nannte ihr Vater

„Charakterstählung“.

Wer die Gründe für Clintons eisernen Willen sucht, im Rennen um das Weiße Haus nicht einfach hinzuschmeißen, findet in

ihren Eltern eine der Wurzeln dafür. Hugh Rodham, Gründer einer Gardinenfabrik, war jemand, um den man sich mühen

musste, so wie heute um die Wähler. Er brütete oft vor sich hin, war aus heiterem Himmel plötzlich friedlich und freundlich

oder hart und zornig. Es gibt Amerikaner, die sagen: Hillary hat den Vater immer besänftigen wollen und kam so zu den

Eigenschaften, die sie heute zeigt – Durchhaltewillen; Geheimniskrämerei; und wenn nötig die Unwahrheit sagen. Als sie vor kurzem den Wählern auszumalen begann, wie sie 1995 angeblich im Kugelhagel in Bosnien gelandet sei, und sich das

als Schwindelei entpuppte, da hatten Kindheitsdeuter eine große Stunde.

Hillary Rodhams Werdegang jedenfalls passt zur These, sie habe ihrem Vater gefallen wollen. Hugh Rodham war Republikaner, und Hillary wurde eine Bilderbuch-Republikanerin. Als Amerikas Jugend im Wahlkampf 1960 für den Demokraten John F. Kennedy war, so wie heute für Obama, warb Hillary für Richard Nixon. Der war nüchtern und politisch erfahren, wirkte brütend melancholisch wie ihr Vater, und hatte sich auch von ganz unten hochgearbeitet. Kennedy war der scheinbar strahlend Unerfahrene – genau wie jetzt Obama.

Die Kennedy-Ära ließ Hillary ganz und gar unberührt – 1964 trat sie wie ihr Vater für den knorrigen Republikaner Barry Goldwater ein. Goldwater verlor die Wahl gegen Kennedys Erben Lyndon Johnson. Hillary blieb auch dann noch unbeirrte Republikanerin – bis zu ihrer College-Zeit, als sie fast schon 18 war. Hillary Rodham war eine sensible, intelligente Schülerin, die sich viele Gedanken machte. Das zeigen ihre Briefe aus der Zeit an einen Pfarrer und einen Lehrer. Trotzdem war sie für Kennedys Glanz und große Reden völlig unempfänglich. Das ist ein Zug, der heute ihren Wahlkampf prägt. Sie ist bei aller Sensibilität stocknüchtern wie ihr Vater, von dem sie die großen forschenden Augen geerbt hat. Im College wurde sie erst liberal, dann zeitweise links, und zur selben Zeit emanzipierte sie sich von ihrem Vater. Sie irrlichterte dabei durch die politische Landschaft. Ihre Briefe zeigen Verwirrung über die ungeordnete Suche der Linken nach neuen Ideen. Nie wurde sie zu einer Schwärmerin, wie so viele ihrer Generation. Immer ging es ihr um konkrete Verbesserungen. Auch ihre Mutter spielte dabei eine Rolle.

“Amerikaner werfen nicht hin und wollen auch keinen solchen Präsidenten”

Hillarys Mutter Dorothy Rodham hatte eine schwere Kindheit. Die Eltern verstießen ihre Kinder, als Hillarys Mutter acht Jahre alt war und die Schwester noch jünger. Sie setzten die beiden einfach in einen Zug nach Kalifornien, ganz allein, ohne Rückfahrkarte. Die Kinder sollten bei den Großeltern aufwachsen. Die waren offenbar Sadisten. Hillarys Mutter lief

jedenfalls mit 14 Jahren weg, um nie wieder zurückzukehren. Sie arbeitete als Haushaltshilfe. Sie biss sich allein im Leben

durch, und besuchte eines Tages ihre Mutter, um sich mit ihr auszusöhnen. Aber die wollte von ihrer Tochter nichts wissen.

Dorothy Rodham hat ihrer Tochter Hillary das alles erst erzählt, als Hillary schon im College war. Die nüchterne Tochter kam anscheinend zur Auffassung: Flower Power und Musikfestivals auf den schlammigen Äckern von Woodstock helfen in einem solchen Fall nicht weiter. Nach der Universität fand sie ihren ersten Job beim neu gegründeten Kinderhilfsbund.Dorothy Rodham litt unter dem Zorn ihres Mannes, wollte aber die Familie als Familie bewahren, um ihren Kindern die eigenen Erfahrungen zu ersparen. Ihre Tochter Hillary hat dann als First Lady ein Buch über die Wichtigkeit der Familie als Basis aller sozialen Besserung geschrieben. Und es ist kein Zufall, dass sie heute über ihre Kandidatur sagt: „Amerikaner werfen nicht einfach hin, und sie wollen auch keinen Präsidenten, der einfach hinwirft.“ Es ist auch kein Zufall, dass sie für den 7.Mai in Washington zu einem Abend einlädt, um „Frauen in unserem Leben zu feiern, die wie Hillary nie aufgeben“. So steht es in der Einladung. Das ist O-Ton Hillary.

Die USA sind ein Land des Sports. Im Football und Baseball gibt auch keiner auf, wenn das eigene Team zurückliegt. Es gab vor Jahren ein legendäres Spiel, das zwei Minuten vor Schluss entschieden zu sein schien. Der Sender blendete sich aus. Millionen Fans verpassten einen sensationellen Konterangriff und den Sturz des Favoriten. Danach überfluteten sie den Sender mit wütenden Anrufen. Nie wieder blenden sich seither Sender vor dem Abpfiff aus. Clinton sieht die Urwahl genauso. Es ist Sport, zwei Teams kämpfen um den Pokal, niemand gibt auf, bis abgepfiffen wird – Ende August, auf dem Parteitag der Demokraten.

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