McCain for President

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McCain for President

von Wolfgang Münchau

Barack Obama steht für ein neues protektionistisches Amerika. Daran kann Europa kein Interesse haben. Daher wäre ein US-Präsident McCain die bessere Wahl.

Die amerikanische Politik hat sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich gewandelt. Doch eine Sache hat sich nicht geändert: Wir Europäer und insbesondere wir Deutsche hoffen jedes Mal auf einen Demokraten. Wir träumen von einem Kennedy und sind dann enttäuscht, wenn wir einen Nixon, Reagan oder Bush bekommen. Wir dachten, Reagan sei ein Schauspieler und George W. Bush ein Wahnsinniger. Und wir feiern jedes Mal, wenn die Amerikaner einen Clinton, einen Gore oder einen Obama hervorbringen, weil deren Politik unserem nebulösen europäischen Gefühl am ehesten entspricht.

Die großen Trends der amerikanischen Politik haben wir meist unterschätzt, wie zum Beispiel die konservative Revolution, die die USA in den 70er-Jahren ergriff und die bis vor Kurzem andauerte. Und jetzt ignorieren wir den großen Trend unserer heutigen Zeit – den amerikanischen Protektionismus.

Die USA sind gerade dabei, ihre ökonomische Vorreiterrolle in der Welt zu verlieren. In den nächsten zehn Jahren ist es wahrscheinlich, dass sich die Rolle des Dollar als Weltwährungsanker deutlich abschwächen wird. Das Wachstum der US wird im Gegensatz zu den letzten Jahren unter seinem Potenzial bleiben, denn die Häuserpreise werden sich wohl erst in ein paar Jahren wieder stabilisieren. Es werden Jahre der Entbehrung sein. Dieses Umfeld ist ein Brutkasten für eine Politik gegen die Globalisierung und den freien Welthandel, von dem gerade wir Europäer so stark abhängen.

Die große absehbare Aufgabe des nächsten Präsidenten wird darin bestehen, den wirtschaftlichen Anpassungsprozess zu managen, ohne der Weltwirtschaft Schaden zuzufügen.

Deckmantel der sozialen Gerechtigkeit

John McCain, Präsidentschaftskandidat der RepublikanerKeiner der Präsidentschaftskandidaten symbolisiert diesen Trend stärker als Barack Obama, der voraussichtliche Kandidat der Demokraten. Aus europäischer Sicht kann ich mir daher nicht so richtig vorstellen, warum wir uns einen Präsidenten Obama wünschen sollten. Seine “Invest in America”-Politik ist an protektionistischem Gedankengut kaum zu überbieten, und seine “Fair Trade”-Politik wird zu einer Einschränkung des Welthandels führen. All dies unter dem Deckmantel der sozialen Gerechtigkeit für seine Klientel.

In diesem Punkt stimmt im Übrigen der oft gezogene Vergleich mit Kennedy. Auch Kennedy war ein Protektionist. Seine “Interest Equalisation Tax” sollte amerikanische Firmen bewegen, nicht mehr im Ausland, sondern im Inland zu investieren. Eine unbeabsichtigte Konsequenz dieser Steuer war, dass sich in Europa ein großer Finanzmarkt etablieren konnte, der sogenannte Euro-Dollar-Markt. Auch Jimmy Carter zeichnete sich nicht gerade durch eine kompetente Wirtschaftspolitik aus. Auf steigende Ölpreise reagierte er mit Preiskontrollen.

Ein große Ausnahme unter den Demokraten war Bill Clinton, ein Präsident des freien Handels sowie einer relativ soliden Wirtschaftspolitik. Natürlich hatte Clinton auch Glück. Er regierte während einer ausgesprochen milden ökonomischen Phase. Hillary Clinton ist keine Kopie ihres Mannes, doch man würde meinen, dass die Wirtschaftspolitik unter Hillary nicht grundlegend anders gewesen wäre als unter Bill, mit der großen Ausnahme, dass das wirtschaftliche Umfeld härter sein wird. Unter solchen Umständen wären wir Europäer verrückt, wenn wir uns einen Präsidenten Obama wünschten. Die moderaten Republikaner und moderaten Demokraten waren immer diejenigen, die den freien Welthandel unterstützten. John McCain interessiert sich zwar, ähnlich wie Hillary, auch nicht sonderlich für die Ökonomie. Er hat sich aber bislang eindeutig für den freien Welthandel positioniert, was man nicht gerade als populistischen Zug werten sollte.

Die wichtigsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen des neuen Präsidenten sind die Nominierungen der wichtigen Ämter. Entscheidend wird sein, was die engen politischen und wirtschaftlichen Berater dem Präsidenten oder der Präsidentin ins Ohr flüstern.

Reaktive Wirtschaftspolitik

Und damit ist die wichtigste Frage: Wer wird nächster Finanzminister? Oder Chef des wirtschaftspolitischen Beraterstabs im Weißen Haus? Die Antworten kennen wir nicht. Bill Clinton hatte diese Positionen zumeist mit Konservativen besetzt. Ich nehme an, dass Hillary hier nicht komplett andere Akzente gesetzt hätte. Eine der wichtigsten Entscheidungen des neuen Präsidenten wird sein, ob man Ben Bernanke im Jahr 2010 als Gouverneur der Federal Reserve ersetzen wird. Glauben Sie wirklich, dass Barack Obama darüber nachgedacht hat? Ich schätze, Obama würde sich von der Wirtschaftspolitik treiben lassen. Was er vorschlägt ist zumeist reaktiv. Die ersten vier Punkte seines Manifests drehen sich zum Beispiel nur um die Hypothekenkrise, etwa wie man die Hypotheken besser reguliert. Das ist sicher notwendig, aber was man jetzt von einem Präsidenten erwartet, ist ein weiter gehendes Konzept für die Regulierung von Finanzmärkten.

Hillary Clinton hat zumindest einmal in diese Richtung gedacht. Man solle das neue Zeitalter eines inhaltslosen “Feel Good” einer neuen Politikergeneration nicht zu früh loben. Die nächste Krise entlarvt diese Politik.

Wie der “New York Times”-Kolumnist Paul Krugman sagte: Obama ist in der Wirtschaftspolitik unerträglich konventionell. Die Ausarbeitung fein ausgeklügelter Konzepte ist nicht seine Sache. Er ist also kein Policy Wonk, wie man im Amerikanischen jemanden nennt, der sich für die Details der Politik interessiert, nicht nur für das Grobe und die Präsentation. Ich glaube, Hillary stünde trotz ihrer zum Teil unsäglichen populistischen Kampagne eher in der Tradition von Präsidenten, die sich der globalen Rolle der USA bewusst sind.

Aus europäischer Sicht ist McCain daher die bessere Wahl. Und mittlerweile stehen McCains Chancen, die Wahl gegen eine gespaltene Partei der Demokraten zu gewinnen, gar nicht so schlecht. Den Linken in Europa widerfährt wieder die alte Geschichte. Man träumt von einem Kennedy und bekommt einen Nixon.

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