Who is Michelle Obama?

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Wer ist Michelle Obama?

VON HEIKO ROLOFF

Zu Beginn der Vorwahlen hatte ich meinem Kolumnisten-Kollegen Karl Wendl eine Mail geschickt: „Obamas Frau strahlt irgendetwas aus. Die hat mehr Sexappeal im kleinen Finger als alle First Ladys nach Jackie Kennedy zusammen…”

Zwar hatte ich mich im Laufe der Kampagne für Hillary Clinton und einen ersten First Husband namens Bill entschieden, doch da die Demokraten es anders wollten, habe ich nun Augen, Ohren und Herz für die Obamas geöffnet. Meine Zukunftsvision: Sollten sie tatsächlich ins Weiße Haus einziehen, wird Michelle (44) die Position der First Lady neu definieren. So wie es einst Jacqueline Bouvier Kennedy und Hillary Rodham Clinton getan haben.

Und dabei wird sie die Tugenden beider vereinen: die Eleganz und den Zauber einer Jackie, die bis heute das Stil-Idol für Millionen Amerikanerinnen ist. Und den Intellekt, die Willenskraft und den Einfluss einer Hillary Clinton, welche die politische Rolle der amerikanischen Frau auf einen neuen Höhepunkt katapultiert hat.

Nach den letzten Vorwahlen in Puerto Rico wurde mir endgültig klar, wie charismatisch Michelle Obama ist. Sie kam vor der Siegesrede ihres Mannes in Minnesota mit großen Schritten (sie hat mit 1,80 Meter die Aura eines Models) in einem figurbetonten und ärmellosen Kleid auf die Bühne und streckte ihm triumphierend die Faust entgegen. Die beiden blickten sich tief in die Augen, lachten verschmitzt und umarmten sich. Intime Momente, in denen ein ganzer Film zwischen dem Ehepaar ablief.

Amerika redete in den kommenden Tagen über den „Fist Bumb”. Die New Yorker Tageszeitung „Daily News“ meinte: „Sie sind bis über beiden Ohren verliebt.” Das seriöse „Time Magazine“ ging auf die Suche nach dem Ursprung des “Fist Bumb”. Vermutlich tauchte er in den USA erstmals in 70er-Jahren bei den farbigen Basketball-Profis auf.

Ich persönlich habe diesen „Fist Bumb” Anfang der 90er-Jahre auf Jamaika erlebt. Dabei wurde die Geste immer von einem Wort begleitet: „Respekt.” Und genau dies habe ich gespürt, als ich die beiden sah: gegenseitigen Respekt. Stolz. Und Ehrgeiz. Motto: „Schnapp dir das Weiße Haus!“

Fakt ist: Es ist eine junge, coole und selbstbewusste Geste. Genau nach dem Geschmack der Obama-Fans. Fakt ist außerdem: Michelle Obama ist die wichtigste Beraterin ihres Mannes.

Angeblich ist sie gegen seine Kandidatur gewesen. Sie wollte ihn vor den rauen Attacken im Wahlkampf bewahren, hatte sie selbst gesagt. Ich glaube dies nicht. Ich glaube, dass sie mit genauso viel Ehrgeiz die erste afroamerikanische First Lady werden will, wie Hillary Clinton die erste US-Präsidentin werden wollte.

Wie ihr Mann hatte auch die Tochter einer Arbeiterfamilie aus einem Vorort von Chicago sich zielstrebig in die weiße, amerikanische Bildungselite vorgearbeitet. Sie studierte Jura in den Princeton und Harvard, zwei der teuersten und renommiertesten Universitäten der Welt. Später lernte sie ihren Mann in einer Kanzlei kennen, Obama war damals Praktikant.

Es funkte schnell zwischen den beiden. Und während Barack, der ebenfalls Jura in Harvard studiert hatte, bald eine politische Karriere einschlagen sollte, gebar sie zwei Kinder, Melia (10) und Sasha (7), und verdiente als Managerin eines Hotels dazu.

Als ihr Mann dann in den Wahlkampf gegen Hillary Clinton antrat, sollte diese schnell einen Geschmack davon bekommen, was für eine Frau hinter ihrem Rivalen steht. Im April 2007 meinte Michelle: „Wenn du dein eigenes Haus nicht im Griff hast, dann kannst du auch nicht das Weiße Haus organisieren…” Das saß. Sofort hieß es in den USA: eine Anspielung auf die Monica-Lewinsky-Affäre. Damals lag Hillary in den Umfragen übrigens noch 21 Prozent vor Obama.

Während der gesamten Wahlkampagne unterlief Michelle nur ein Fehler. Ein Fehler, der zeigte, dass der noch immer existierende Rassenkonflikt in den USA natürlich eine Rolle spielt. „Ich bin das erste Mal stolz, Amerikanerin zu sein”, erklärte sie in Anspielung auf die Möglichkeit, dass erstmals ein Farbiger US-Präsident werden könnte. Sofort wurde sie von konservativen Amerikanern kritisiert. Sie habe keinen Patriotismus. Der republikanische Kandidat John McCain erklärte umgehend: „Ich bin jeden Tag stolz ein Amerikaner zu sein…” Das weiße Amerika nickte: „Genau: God bless America!“ Das schwarze Amerika schüttelte den Kopf: „Michelle meinte etwas anderes.”

Die US-Medien haben ihr längst vergeben und konzentrieren sich auf ihren Sexappeal und ihre Ausstrahlung als Frau. Die Modebibel „Vogue“ bezeichnete sie in ihrer jüngsten Ausgabe als das „It-Girl“, die Frau also, die gegenwärtig den Trend macht. Die „New York Times“ widmete ihren Kleidern in der vergangenen Wochenend-Beilage ein ganze Seite. Überschrift: “Dressed to win”. Gekleidet, um zu gewinnen. Experten analysierten ihre Outfits: Sie liebt falsche Perlen (wie übrigens die Frauen von George Bush Senior und George W. Bush). Ihre Kleider sind oft ärmellos, betonen ihre lange Beine und Arme sowie ihre Wespentaille. Dabei sind ihre Outfits immer schlicht, beinahe konservativ elegant und so klar, dass sie zu einer New Yorker Karrierefrau gehören könnten.

Amy Fine Collins, Modeexpertin der US-Hochglanzzeitschrift „Vanity Fair“, brachte die Auftritte der Michelle Obama auf den Punkt: „Diese Frau weiß genau, wie sie wirkt.”

Wenn alles nach ihrem Plan läuft, dann werden Amerika und der Rest der Welt noch viel von dieser Wirkung sehen.

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