Florida Oceanfront House – Fantastic Bargain

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Ein Haus am Strand von Florida – furchtbar günstig

VON HEIKO ROLOFF

Jahrzehntelang war Amerikas Mittelschicht nicht mehr so in der Klemme. Hunderttausende Familien verlieren in diesem Jahr Haus und Hof. Die Zahl der Zwangsversteigerungen liegt bei mehr als zwei Millionen. Das flößt nicht nur dem kleinen Mann, sondern auch Kreditinstituten und Politikern Angst ein.

Ein Staat, den die Krise besonders hart trifft: das Urlaubs und Ruhestands-Paradies Florida. Der dortige Immobilienmarkt war zwischen 2000 und 2005 so heiß gelaufen, dass die Preise sich vervierfachten. Dann wollten plötzlich alle aussteigen und verkaufen, weil sie ihre Hypotheken nicht mehr bedienen konnten. Die Preise stürzten ab. Pleite unter Palmen.

Letzten Monat bin ich aus purer Neugierde mit einem Makler durch einige Straßen von Miami Beach gefahren. Was ich sah, war herzzerreißend. Leere Häuser, in deren Gärten vereinsamte Kinderschaukeln standen. Oder junge (und sehr alte) Hausbesitzer, die einen geradezu anflehten: Bitte kauf mein Haus, bevor die Bank mir alles nimmt und ich vor dem Nichts stehe.

Die Zahlen sprechen für sich: Um rund 30 Prozent ist der Markt allein im vergangenen Jahr gefallen.

Vielerorts haben sich die Preise seit ihrem Hochpunkt im April 2005 sogar halbiert. So sah ich auf Normandy Isle (eine Insel zwischen Miami Beach und Miami) ein wunderschönes kleines Haus im Art Deco Stil. Vier Schlafzimmer, 3 Bäder, ein kleiner Garten mit Palmen und Hibiskus und ein Pool. Das ganze rund 10 Gehminuten vom Atlantik-Strand.

Preis: 425 000 Dollar (280 000 Euro). Die Eigentümer hatten es vor zwei Jahren für 820 000 Dollar gekauft – und eine Hypothek von 650 000 Dollar aufgenommen. Die Bank ist sogar offen für Angebote unter 425 000 Dollar. In Amerika nennt man das: „Cut your losses“, Schadensbegrenzung.

Doch jetzt könnte die Wende gekommen sein. Der Nachrichten-Sender CNN meldet: Die Aasgeier kommen.

Aasgeier werden Investoren genannt, die sich an der Not anderer bereichern. Ein negatives Wort, das die Aasgeier ungern hören. Sie sagen: „Wir sind klug, haben den richtigen Zeitpunkt abgewartet. Und außerdem soll jeder froh sein, wenn wir jetzt kaufen.“

Tatsächlich sind sie in der Regel der beste Hinweis, dass das Schlimmste überstanden ist. Denn sie sind kühle Rechner, für die nur Zahlen zählen. Das Haus, das ich oben genannt habe, ist ein gutes Beispiel. Wer es für 400 000 Dollar kauft und 40 000 Dollar Eigenkapital einbringt, der muss monatlich mit Hurrikan-Versicherung, teuren Immobilien-Steuern, Zinsen und Tilgung knapp 3000 Dollar zahlen. Die Miete für ein solches Haus liegt inzwischen jedoch bei 3600 bis 4000 Dollar. Ein echtes Schnäppchen also.

Doch wer sind die Aasgeier? Es sind einerseits clevere Kleininvestoren, die schon lange ein Haus kaufen wollten, denen aber die Preise zu hoch waren. Andererseits große Investment-Unternehmen, die gleich ganze Wohnblöcke schlucken oder Hypotheken-Banken Pakete von Häusern abnehmen, die zwangsversteigert werden sollen.

Und dann gibt es noch eine weitere Gruppe, die am liebsten in sogenannte 1-A-Lagen geht: Nämlich deutsche, italienische, spanische oder russische Käufer, die schon immer von einem Haus in Florida (oder den USA) geträumt haben oder die ihr Geld schlecht vor dem deutschen Staat verstecken wollen. Sie haben jetzt doppelten Vorteil. Nicht nur, dass die Preise dramatisch gefallen sind und dass es jede Menge Auswahl gibt, der Euro ist auch noch so stark wie nie zuvor.

Pessimisten glauben zwar, dass die Preise noch bis ins kommende Jahr weiter fallen werden. Doch in den besseren Gegenden, die in Strandnähe liegen, könnte der Markt Anfang nächster Saison wieder anziehen. Dann ist es in Moskau, New York oder Hamburg kalt und ungemütlich. In Florida dagegen gerade richtig.

Ich persönlich zähle zu den Optimisten. Wenn andere noch klagen, suchen die Amis längst nach Lösungen. Die Aasgeier, die jetzt über Florida kreisen, könnten Teil dieser Lösung sein. Bitter daran: Viele Mittelklasse-Familien bleiben auf der Strecke.

Sollte nun irgendjemand auf die Idee kommen, sich den Traum von einer Wohnung oder einem Haus in Florida zu erfüllen, sollte er sich dennoch an drei alte Immobilien-Regeln halten: Lage, Lage, Lage. Die Sahnestücke, die jetzt auf dem Markt sind, gehen zuerst weg und werden sich zuerst von der Krise erholen. Glaube ich.

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