Obama in Afghanistan
© ZEIT online, Reuters 19.7.2008 – 19:53 Uhr
Der demokratische US-Präsidentschaftsbewerber Barack Obama hat am Samstag als erste Station einer mehrtägigen Auslandsreise Afghanistan besucht.
Zusammen mit den beiden Senatskollegen Jack Reid und Chuck Hagel verschaffte sich Obama einen persönlichen Eindruck von der Sicherheitslage vor Ort. Die Politiker seien auf dem Stützpunkt Bagram bei Kabul von US-General Jeffrey Schloesser empfangen worden, der das Kommando über die Nato-geführten Truppen im Osten des Landes sowie sämtliche US-geführte Koalitionstruppen in Afghanistan hat, teilte das Militär mit. Obama selbst hatte unmittelbar vor seinem Abflug angekündigt, er wolle sich bei den Soldaten für deren “heldenhafte Arbeit bedanken”.
Der Besuch bildete den Auftakt einer Auslandsreise, auf der Obama auch im Irak, Jordanien, Israel, Deutschland, Frankreich und Großbritannien erwartet wird. Der Senator aus Illinois will damit sein außenpolitisches Profil schärfen. In Deutschland wird sein Besuch mit Spannung erwartet. Die Behörden rechnen damit, dass Obama in Berlin am kommenden Donnerstag eine Rede an der Siegessäule halten wird.
Die Situation in Afghanistan machte Obama in den vergangenen Wochen immer wieder zum Thema. Der Regierung von Präsident George W. Bush wirft er vor, sie lasse dem dortigen Einsatz im Vergleich zu jenem im Irak nicht ausreichend Aufmerksamkeit zukommen. Im Falle seines Wahlsiegs im November plant er daher, 7000 weitere Soldaten in die Region zu schicken.
Sein republikanischer Rivale John McCain kritisierte Obama dafür, dass er dieses Vorhaben noch vor dem Abflug verkündete. “Offensichtlich ist er selbstsicher genug, dass er keine Fakten finden wird, die seine Meinung oder seine Strategie ändern könnten – bemerkenswert”, sagte der Senator aus Arizona am Samstag in seiner wöchentlichen Radio-Ansprache. Auch er wolle zusätzliche Truppen in die Region entsenden, mache dies aber von der Verfügbarkeit und Gesprächen mit der Nato abhängig. Der Vietnam-Veteran McCain versucht im Kampf um das Weiße Haus gegen Obama mit dem Argument zu punkten, er verfüge über mehr außenpolitische Erfahrung als sein 25 Jahre jüngerer Rivale.
Wann genau Obama im Irak eintrifft, war zunächst unklar. Von dort erhielt er bereits Rückendeckung für seine Vorstellungen, was den Abzug der amerikanischen Truppen angeht. Ministerpräsident Nuri al-Maliki begrüßte den Zeitplan des 46-Jährigen. “Der US-Präsidentschaftsbewerber Barack Obama spricht von 16 Monaten. Das, finden wir, wäre der richtige Zeitraum für den Abzug, geringe Abweichungen vorbehalten”, sagte Maliki laut einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins “Der Spiegel”.
Kritiker bezweifelten derweil den Nutzen einer Truppenaufstockung in Afghanistan. Wichtiger seien effektivere Hilfen, die Entwicklung der ländlichen Räume und die Lösung lokaler Konflikte, sagt etwa Matt Waldman von der Hilfsorganisation Oxfam. Die USA haben derzeit rund 36.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Dies ist nur etwa ein Viertel der Truppen im Irak, obwohl in den beiden vergangenen Monaten mehr US-Soldaten in Afghanistan als im Irak getötet wurden.
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