The Hangover After the Party

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Kater nach dem Rausch

Wer heute Obama zujubelt, könnte morgen mit ihm über Afghanistan verhandeln müssen. Für Union und SPD könnte das zum Problem im Bundestagswahlkampf 2009 werden.

Wer wissen will, wie die Außenpolitik eines möglichen Präsidenten Barack Obama einmal aussehen könnte, der muss einen Blick auf seine Reiseroute werfen. Bevor sich der US-Senator in Berlin bejubeln ließ, besuchte er Afghanistan und den Irak, die wunden Punkte der Amerikaner. Jenseits des erwünschten PR-Effekts im Wahlkampf kann man diese Reihenfolge so deuten: Zuerst sieht sich Obama die Probleme an. Und dann fährt er dorthin, wo aus seiner Sicht die mögliche Lösung liegt.

Obamas Rede in Berlin war eine Werbung für den gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus. Für die Bundesregierung bedeutet dies in aller Deutlichkeit, dass von ihr mehr Engagement erwartet wird. Die USA werden auf Dauer nicht akzeptieren, dass sie sich im Kampf gegen die Taliban aufreiben, während die Deutschen die netten Aufbauhelfer geben.

Für einen Präsidenten Obama wäre aber nicht nur eine militärische, sondern auch eine finanzielle Entlastung im Antiterrorkrieg wichtig, um im krisengeschüttelten Amerika handlungsfähig zu bleiben. Der Bundestag soll im Herbst beschließen, dass das deutsche Kontingent für Afghanistan von 1000 auf 4500 Soldaten aufgestockt wird. Obama aber wird mehr verlangen, auch den Einsatz im gefährlichen Süden des Landes.

Den Vertretern der Großen Koalition ist all dies seit Langem klar. Und doch wird im Umgang mit Obama so getan, als habe man es mit einem Kuscheltier zu tun, das Sätze der Versöhnung sagt, wenn man ihm die Hand schüttelt. Politiker fast aller Parteien vermitteln das Gefühl, mit dem charismatischen Demokraten werde die transatlantische Partnerschaft automatisch aufblühen.

Während die Regierung bereits weiß, was auf sie zukommt, könnten die Wähler der großen Parteien bald ein böses Erwachen erleben – wenn sie sehen, dass auch Obamas neues Amerika die alten Ziele verfolgt. Bisher konnten die Deutschen ein robusteres Mandat für Afghanistan stets mit dem stillen Hinweis ablehnen, einem George W. Bush müsse man nun wirklich nicht hinterherlaufen. Es wird jedoch viel schwerer, einem Präsidenten Obama, dem man eben noch zugejubelt hat, als Erstes einen dringenden Wunsch abzuschlagen.

Besonders unangenehm dürfte für SPD und Union werden, dass die ersten Amtshandlungen des neuen Präsidenten mitten in den Bundestagswahlkampf 2009 fallen. In einer solchen Phase gerät in Deutschland niemand gern in den Verdacht, den Amerikanern allzu nahezustehen. All die netten Bilder jetzt würden dann wieder herausgeholt und mit deutlich bissigeren Begleittexten versehen. Es ist daher gut möglich, dass sich dann mancher einen Mann herbeiwünscht, dem man leichter widersprechen kann: John McCain.

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