John McCain Plays John Wayne

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John McCain macht auf John Wayne

von Torsten Krauel, Korrespondent in Washington

05.09.2008 – 16.59 Uhr

John McCain hat sich als John Wayne der Politik positioniert. Als freier Mann, mit einer Winchester-Sarah aus der Wildnis neben sich, will er gegen Washington zu Felde ziehen, oder, wie er sagte: „Ich arbeite für keine Partei. Ich arbeite für keine Sonderinteressen. Ich arbeite nicht für mich. Ich arbeite für euch.“ McCain gehört zu George W. Bushs Partei. Er hat ihn 2004 auf offener Bühne umarmt. Wird jemand ihm den einsamen Reiter wider die Bonzen abnehmen?

Man wird. Die Lage ähnelt der von 1998 in Deutschland: Helmut Kohl sollte gehen, aber wären Wolfgang Schäuble und Angela Merkel gegen Rot-Grün angetreten, hätte die Union eine Siegeschance gehabt. Es wäre zumindest sehr, sehr knapp geworden. Gerhard Schröder war in Ordnung, aber mit den Grünen fremdelten welche. Barack Obama ist in Ordnung, aber mit einem schwarzen Kandidaten fremdeln auch welche. Die USA sind nicht etwa nach links gerückt wie Deutschland nach Hartz. Obama rückt ständig weiter nach rechts, um seine Chance auszubauen. Das ist die Lage.

In Amerika ist nicht Bush das Problem, sondern der Kongress. Dort fechten nach verbreiteter Meinung Verhinderer und Partisanen um jeden kleinen Vorteil, und das Ergebnis ist ein politisches Verdun. Nichts bewegt sich mehr. Bush liegt bei 30 Prozent Zustimmung. Der Kongress liegt bei 14, der niedrigsten je gemessenen Zahl. Das trifft nicht nur die Republikaner. Die Autobiografie der Demokratin Nancy Pelosi, 2006 als erste Frau an der Parlamentsspitze hymnisch gefeiert, ist ein Ladenhüter.

Der optische Vergleich der Parteitage fällt für McCain beklagenswert aus. Die Wucht Obamas war gewaltig. Er führte das geschliffene Wort vor grandioser Kulisse. McCain bot patriotisches Gestein in unspektakulärem Rahmen. Er hat Obama voraus, dass er vier Mal in seinen 72 Jahren politisch oder real dem Tode näher war als dem Leben. Der alte Mann sattelt auf und reitet in die amerikanischen Kleinstädte: In ihm findet Barack Obama nicht gleich seinen Meister, aber in John McCain hat er einen ebenbürtigen Gegner.

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