American Government Nationalizes Banks

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US-Regierung verstaatlicht Banken

von Olaf Gersemann, stellvertretender Ressortleiter Wirtschaft, Finanzen und Immobilien

US-Behörden schieben marktwirtschaftliche Prinzipien auch mal beiseite, wenn es gilt, Panik an den Märkten zu verhindern. Dann werden Steuerzahlermilliarden in die Hand genommen.

Immer wieder sonntags: Vor fast genau einem halben Jahr rettete der amerikanische Finanzminister Hank Paulson in einer spektakulären Aktion übers Wochenende die New Yorker Investmentbank Bear Stearns. Jetzt hat der ehemalige Chef von Goldman Sachs abermals an einem Wochenende zugegriffen: Paulson verkündete, das Fannie Mae und Freddie Mac, die beiden Finanzkonzerne, die bei jedem zweiten Immobilienkredit in Amerika ihre Finger im Spiel haben, de facto verstaatlicht werden.

Die beiden Fälle haben außer ihrer Terminierung noch eine weitere Gemeinsamkeit. Sie zeigen, dass amerikanische Behörden marktwirtschaftliche Prinzipien auch mal beiseiteschieben, wenn es gilt, Panik an den Märkten zu verhindern. Dann werden schon einmal Steuerzahlermilliarden in die Hand genommen und Verluste, die ein Privatunternehmen erwirtschaftet hat, sozialisiert. Da unterscheiden sich die amerikanischen Aufseher wenig von den deutschen, siehe WestLB, IKB und Co.

Und doch ist der aktuelle Fall anders gelagert. Bei Bear Stearns ging es wirklich nur darum, einen Dominoeffekt in der Finanzwelt zu verhindern: Hier hat eine Bank Fehler gemacht, und am Ende mussten andere dafür zahlen.

Fannie und Freddie waren dagegen nicht etwa Ausgeburten eines wild gewordenen Kasino-Kapitalismus. Sie sind vielmehr eine missglückte Schöpfung des amerikanischen Wohlfahrtsstaates. Sie sollten den Traum vom Eigenheim auch für möglichst viele der Millionen Familien wahr machen, die sich eigentlich keines leisten können. Von der Politik geschaffen und gepäppelt, wuchsen die Zwillinge zu Monstern heran, die sich bald jeder politischen und behördlichen Kontrolle entzogen. Fannie Mae und Freddie Mac beschäftigten Heerscharen von Lobbyisten.

Nun also hat Hank Paulson die Reißleine gezogen. Das war ein erster Schritt, eine Zerschlagung im nächsten Schritt wäre nur logisch. So paradox es in einem Moment, da ein Unternehmen verstaatlicht wird, klingt: Am Ende könnte Amerika ein kapitalistischeres Land sein, als es vorher war.

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