Socialism: How Sweet It Is.

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21. September 2008, NZZ am Sonntag

UBS profitiert vom amerikanischen Steuerzahler

Weitere Abschreibungen sind wahrscheinlich nicht mehr nötig

Die Grossbank ist so gut kapitalisiert, dass sie mindestens noch einmal 11 Milliarden Franken abschreiben könnte. Nach der Intervention der US-Regierung sind grössere Wertberichtigungen wohl gar nicht mehr nötig.

Markus Städeli

Eigentlich lag das Epizentrum des finanziellen Erdbebens in New York. Doch auch die UBS-Aktie ist diese Woche so heftig durchgeschüttelt worden, als wäre die Bahnhofstrasse nur einen Block von der Wall Street entfernt. Geht es der Schweizer Bank so schlecht, dass die Investoren sie der aussterbenden Gattung der New Yorker Investmentbanken zurechnen?

Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Die UBS könnte im dritten Quartal satte 11,6 Mrd. Fr. abschreiben und würde immer noch die Kapital-Auflagen der Eidgenössischen Bankenkommission erfüllen (eine sogenannte Tier-1-Ratio von mindestens 8%). Dies hat die auf Kreditbewertungen spezialisierte Firma Independent Credit View (ICV) für die «NZZ am Sonntag» berechnet. Sie traf dabei die Annahme, dass die Bank keinen Gewinn (vor Abschreibungen) erzielt und die Höhe ihrer Bilanz unverändert bleibt. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass die UBS ihre Bilanz im dritten Quartal weiter zurückfahren konnte. Schliesslich hat UBS-Chef Peter Kurer die Verkleinerung der Bilanz zu einem seiner vier Hauptziele erkoren.

Unter der Annahme, dass die Bank ihre risikogewichteten Anlagen im dritten Quartal um 10% zurückfahren konnte, läge sogar ein Abschreiber von 14,2 Mrd. Fr. drin, sagt Christian Fischer von ICV. Zum Vergleich: Per Ende Juni gab die Bank ihre Risiko–Vermögenswerte mit 54 Mrd. Fr. an. Die relativ komfortable Kapitalisierung der UBS ist wichtig. Wenn die Bank dieses Jahr nochmals Kapital aufnehmen müsste, käme es wohl zu einem Fiasko.

Fast noch entscheidender ist die Zusammensetzung der Passivseite. Die UBS finanziert ihre riesige Bilanz von 2000 Mrd. Fr. zu einem Viertel mit Kundeneinlagen. Investmentbanken wie die nun eingegangene Lehman Brothers oder wie Merrill Lynch haben sich dagegen primär mit Ausleihungen von anderen Banken finanziert. Weil sich die Banken untereinander misstrauen, ist diese Art von Finanzierung in den letzten Tagen aber prohibitiv teuer geworden.

Ohne ihre Kundeneinlagen wäre wohl auch die UBS untergegangen. Denn ihr Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanz liegt bei gerade einmal 2,6% und war auf dem Höhepunkt der Hybris noch deutlich tiefer. Bis die Kunden die Bankschalter stürmen und ihre Einlagen zurückziehen, muss die Verunsicherung gewaltig sein.

Mit der massiven Rettungsaktion der US-Regierung ist jetzt aber fraglich, ob die UBS überhaupt noch grössere Abschreibungen auf ihren Risikopositionen vornehmen muss. Selbst wenn sie als Schweizer Bank mit US-Banklizenz nicht in den Genuss käme, ihre Hypothekenpapiere der Regierung abzutreten, wird sie doch von der Intervention profitieren. Wenn die USA Hypothekenpapiere aufkaufen, stützen sie damit wohl auch deren Marktpreise. Chris Flanagan, Analyst bei JP Morgan Securities, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die nun getroffenen Massnahmen machten es «extrem wahrscheinlich», dass die Hypothekenpapier-Indizes ihren Tiefpunkt erreicht hätten. Wenn die Preise dieser Papiere wieder steigen, macht das weitere Abschreibungen wohl überflüssig.

Ob die Schweizer Bank im dritten Quartal Abschreibungen vornehmen muss, kann derzeit zwar nicht seriös prognostiziert werden. Der ausschlaggebende Stichtag ist der 30. September. Bis zu diesem Zeitpunkt kann noch viel geschehen. Sind die Risikopositionen in der UBS-Bilanz dann weniger wert als noch am 30. Juni, muss die Bank die Differenz abschreiben. Zum jetzigen Zeitpunkt sieht es aber danach aus, als würden US-Steuerzahler die UBS-Aktionäre vor schmerzlichen Wertberichtigungen bewahren. So süss kann Sozialismus für Grossbanken sein.

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