Revolutionary Campaign

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Revolutionärer Wahlkampf

von Alan Posener, Kommentarchef der WELT am SONNTAG

John McCain hat sein Ass aus dem Ärmel geschüttelt. Alaskas Gouverneurin Sarah Palin soll ihn im Falle eines Wahlsiegs ins Weiße Haus begleiten. Die 44-jährige verkörpert aber keineswegs den republikanischen Konservatismus.

Auf die Revolution der Demokraten folgte die Revolution der Republikaner. Kaum hatte die amerikanische Linke Barack Obama als Präsidentschaftskandidaten nominiert, präsentierte John McCain für die Rechte Sarah Palin als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft. Angesichts seines Alters ist Alaskas Gouverneurin keineswegs bloß eine hübsche Beigabe zur Kampagne. Sie ist eine potenzielle Präsidentin. Entsprechend selbstbewusst rief Sarah Palin bei ihrer Vorstellung an der Seite McCains aus: „Man hat zu Recht gesagt, dass Hillary Clinton 18 Millionen Sprünge in Amerikas höchster, härtester gläserner Decke zurückgelassen hat. Aber Amerikas Frauen sind noch nicht fertig, und wir werden diese Decke ein für alle Male zerschmettern.“ Konservativ klingt anders. Klang anders.

Die alten Muster stimmen nicht mehr. Sicher, Palin ist in Sachen Abtreibung und Homo-Ehe – dort also, wo McCain wegen seiner Liberalität bei Teilen der eigenen Partei aneckt – kompromisslos wertkonservativ. Und sie lebt ihre Werte: An der Seite McCains präsentierte sie ihr erst vor wenigen Monaten geborenes fünftes Kind. Bei der pränatalen Diagnose wurde Downsyndrom diagnostiziert. Eine Abtreibung lehnte Palin ab. Der älteste Sohn ist in der Armee und wird im September in den Irak ziehen. Und Palin ist Mitglied der „National Rifle Association“.

Andererseits bekennt Palin freimütig, Marihuana geraucht zu haben und viele lesbische und homosexuelle Freunde zu haben. McCain lobte sie als eine geradezu antiautoritäre Symbolgestalt: „Sie hat gegen die Ölgesellschaften und die Parteibosse und die Tunichtsbürokraten und gegen jeden gekämpft, der seine eigenen Interessen vor die Interessen des Volkes stellt…“

Die alten Muster und Feindbilder ziehen nicht mehr; die Kulturkriege, die Amerika so lange gelähmt haben, bestimmen diesen Wahlkampf nicht mehr. Eine Republikanerin verspricht, Hillary Clintons Kampf für die Frauenrechte weiterzuführen. Und in der vielleicht bedeutendsten Passage seiner Rede bei der Annahme der Nominierung der Präsidentschaftskandidatur sagte Barack Obama: „Eines der Dinge, die wir in unserer Politik ändern müssen, ist die Vorstellung, dass man nicht verschiedener Meinung sein kann, ohne zugleich den Charakter und den Patriotismus des anderen infrage zu stellen.“ Würde es gelingen, diesen historischen Wahlkampf in diesem Geist zu führen, das wäre eine Revolution im allerbesten Sinn.

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