It's not long ago that the state belonged to a dying breed. An American President in a highly acclaimed speech declared that the state had no business meddling in the economy. A German Chancellor announced that the role of the state had to be reduced and peoples self-reliance strengthened. A German Minister of Economics coined a slogan that said those in the economy must determine political economics, not those in politics. Over the past twenty years, the victory march of the market seemed unstoppable and the decline of the state a done deal. At any rate, thats how they like to relate the history in the corridors of power, in the executive suites of business, in the lecture halls of colleges.
But suddenly everything has changed. The state is making an amazing comeback these days and it is doing it, in of all places, the country where individual freedom and the pursuit of happiness has become a national doctrine. A country in which the reign of neo-conservatism was going to bring that doctrine to perfection, both nationally and internationally. When U.S. President George W. Bush and his Treasury Secretary were forced to bail out the crumbling U.S. economy with a 700 billion dollar assistance package, that was not only an admission of failure on the part of many economics experts. It also signaled the failure of an entire economic school of thought that was considered the one and only true model.
In plain language, because the financial world lost control over its own policies while playing the global money game, the state (and that means every individual citizen) now has to make good for this failure. While the elites of the economic and financial sectors peddled the free market to us and reaped the profits of it for decades, they now want to put the risks for that freedom (and the losses it caused) onto everyones shoulders. The amount of the final bill that will come down to taxpayers and consumers is as yet unknown in the USA as well as in Europe.
Its historic irony that the state now is called upon to save precisely those who minimized the dangers. Those who profited most from globalization and who, through their power and influence, were successful in limiting the maneuvering room of would-be controllers. At the behest of business taxes were cut, regulations discarded and entities privatized. The general population profited very little from it all. The chasm between rich and poor grew, real wages sank and the infrastructure eroded.
Theres much to be said for a new re-thinking of the role of the state. In any case, the neo-conservative view of the state is now obsolete. When it comes to national security, one doesnt get a strong force (as is needed in the war against international terror) if your economic security lies outside the country. While many U.S. citizens are monitored and controlled by security agencies and Germans are forced to surrender more and more of their civil rights, investment banks like Morgan Stanley or Goldman Sachs are subjected to only very lax oversight in the United States. Governmental control of financial institutions in Europe is also very limited. Wherever a bit of control does exist, its often ineffective.
Take the example of energy: when previously state owned companies were privatized, it came with the promise there would be more competition and lower energy prices. Today, the market is controlled by four oligopolies, energy costs constantly increase and regulatory agencies are powerless. Another example is the environment: when hurricane Katrina laid waste to New Orleans, the government failed miserably in the one area for which they have basic responsibility, the safety of citizens.
Actually, a change in thinking has already begun, and not only in combating the banking crisis. That president who originally wanted to keep government out of the private sector recently proposed an economic package in the hundreds of billions because he no longer trusts the market able to heal itself. That Chancellor who wanted to reduce government involvement in everything, now has to admit her party is helping to expand government involvement. That Economics Minister who once wanted to leave politics to the business managers now watches as his successor contemplates how to break the energy companies stranglehold on power grids.
The state, long believed to be dead, is awakening to new life, and one species has been removed from the endangered list.
Das Comeback des Staates
Jörg Michel
Es ist noch nicht lange her, da gehörte der Staat noch zu einer aussterbenden Art. Da sprach ein amerikanischer Präsident in einer viel beachteten Rede davon, dass die Regierung im Wirtschaftsleben eigentlich nichts zu suchen habe. Da kündigte ein Bundeskanzler an, die Leistungen des Staates müssten reduziert und die Eigenverantwortung der Menschen gestärkt werden. Da prägte ein bundesdeutscher Wirtschaftsminister den Slogan, Wirtschaftspolitik werde vor allem in der Wirtschaft gemacht. In den letzten zwanzig Jahren schien der Siegeszug des Marktes unaufhaltsam, der Niedergang des Staates endgültig. So jedenfalls wurde die Geschichte gern erzählt. Auf den Fluren der Macht, in den Chefetagen der Wirtschaft, in den Hörsälen der Hochschulen.
Doch nun auf einmal ist alles anders. Der Staat erlebt dieser Tage ein erstaunliches Comeback. Ausgerechnet auch in einem Land, in dem die Freiheit des Einzelnen und das individuelle Streben nach Glück gleichsam zur Staatsdoktrin gehören. Und in dem die Regierung den Neokonservativismus im Inneren und Äußeren zur Perfektion bringen wollte. Wenn der amerikanische Präsident George W. Bush und sein Finanzminister der angeschlagenen US-Finanzbranche nun also mit einem so noch nie da gewesenen 700-Milliarden-Dollar-Hilfspaket aus der Patsche helfen müssen, dann ist das nicht nur Ausweis des Versagens eines Großteils der Wirtschaftseliten und deren Aufsicht. Es bedeutet auch das Scheitern jener ökonomischen Denkschule, die bis vor Kurzem als die einzig wahre und richtige galt.
Im Klartext: Weil der Finanzwelt im globalen Spiel des Geldes die Kontrolle über ihre eigenen Regeln entglitten ist, muss der Staat, und damit die Gesamtheit aller Bürger, jetzt für dieses Scheitern gerade stehen. Während die Eliten der Wirtschafts- und Finanzbranche über Jahrzehnte die Freiheit des Marktes beschworen und die so erzielten Gewinne mitgenommen haben, legen sie die Risiken jener Freiheit, und damit auch die Verluste, nun wie selbstverständlich auf die Allgemeinheit um. Noch ist das Ausmaß der Löcher, die auf die Steuerzahler und Verbraucher zukommen, gar nicht absehbar. In den USA wie in Europa.
Es ist also eine Ironie der Geschichte, dass der Staat nun ausgerechnet jene retten muss, die ihn immer möglichst klein halten wollten. Die am meisten von der Globalisierung profitiert haben und es durch Macht und Einfluss geschafft haben, den wirtschaftlichen und sozialen Gestaltungsspielraum der Regierenden gering zu halten. Auf Geheiß der Wirtschaft wurden die Steuern gesenkt, es wurde dereguliert und privatisiert. Die breite Masse der Bürger aber hat davon nur wenig profitiert. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander, die Reallöhne sinken, die Infrastruktur erodiert.
Es spricht also viel dafür, die Rolle des Staates neu zu überdenken. Das Staatsverständnis der Neokonservativen jedenfalls ist obsolet. Man kann nicht, wenn es um die innere Sicherheit geht, einen starken Staat forcieren (um so den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu gewinnen), ihn bei der ökonomischen Sicherheit aber außen vor lassen. Während viele US-Bürger von ihren Sicherheitsbehörden bis aufs Messer überwacht werden und auch die Deutschen immer mehr Bürgerrechte aufgeben müssen, unterlagen Investmentbanken wie Morgan Stanley oder Goldman Sachs in den USA nur einer äußerst laxen Aufsicht. Auch in Europa ist der behördliche Einfluss auf Banken begrenzt. Und dort, wo es im Gemeinwesen noch einen Rest an staatlicher Kontrolle gibt, ist sie oft ineffektiv.
Beispiel Energie: Als in Deutschland die einst in Staatsbesitz befindliche Branche privatisiert wurde, geschah dies mit den Versprechen auf mehr Wettbewerb und sinkende Preise. Heute wird der Markt von vier Oligopolisten beherrscht, die Energiekosten steigen immer weiter, die Regulierungsbehörde ist machtlos. Beispiel Umwelt: Als in den USA der Hurrikan "Katrina" New Orleans verwüstete, versagte der Staat bei seiner ureigensten Aufgabe, der Sicherung von Leib und Leben seiner Bürger, kläglich.
Und so hat ein Umdenken in Wahrheit längst begonnen. Nicht nur bei der Bewältigung der Bankenkrise. Jener US-Präsident, der einst den Staat aus dem Wirtschaftsleben hinaushalten wollte, hat erst kürzlich ein milliardenschweres Konjunkturpaket auf den Weg gebracht, weil er den Selbstheilungskräften des Marktes allein nicht mehr traut. Jener Bundeskanzler, der einst die Leistungen des Staates reduzieren wollte, muss nun hinnehmen, dass seine Partei in der Regierung die Leistungen wieder ausweitet. Jener Wirtschaftsminister, der die Politik einst den Managern überlassen wollte, könnte nun beobachten, wie einer seiner Nachfolger darüber nachdenkt, den Energiekonzernen die Eigenständigkeit über ihre Stromnetze zu entziehen. Der lange tot geglaubte Staat erwacht also zu neuem Leben. Und die Rote Liste der gefährdeten Arten wird um eine Spezies kürzer.
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