The Second Debate: Business as Usual

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Weder Barack Obama noch John McCain geben zu, dass sich die USA womöglich in einer Jahrhundertkrise befinden. Aber der Vorteil liegt bei dem Jungen, Frischen

Der Saal in Nashville war ganz in patriotischen Farben gehalten – Rot, Blau und Hellgrau, welches das Weiß in der Flagge zu simulieren hatte. Die Dekoration war neu, aber die Antworten waren sehr vertraut; man kannte sie aus der ersten Obama-McCain-Debatte vor zwei Wochen in Oxford, Mississippi. Doch das Wichtigste hatte sich sehr wohl verändert: das Verhältnis der beiden Kombattanten.

Diesmal befand sich Barack Obama klar in der Rolle des Titelverteidigers, und John McCain in der des Herausforderers. Und kein Wunder: McCains knapper Vorsprung in den Umfragen war dahingeschmolzen. Seit Beginn des Super-Crashs Mitte September steigen stetig die Aktien des Barack Obama. Sechs bis sieben Punkte macht sein Vorsprung aus. Der Abstand wird wohl in dem Maße wachsen, wie der Dow Jones weiter abstürzt.

Gegen den selbstsicheren, aber nicht unbescheidenen Auftritt Obamas wirkte McCain knöchern in der Bewegung und hölzern im Mienenspiel. Wahrscheinlich haben Dienstagabend Millionen von Amerikanern gespürt, dass das Rennen gelaufen ist. Und deshalb war es schon nicht mehr so wichtig, was die beiden zu sagen hatten, zumal vieles schon in der ersten Debatte gehört worden war.

Auch die einst harten ideologischen Kanten haben sich beim Vorrobben in die Mitte abgeschliffen. Beide warfen sich als Anwälte der Mittelschicht auf, beide versprachen der verunsicherten Nation das Feine und das Tröstliche: ein gerechteres, billigeres und besseres Gesundheitssystem, eine Energiepolitik, die Atomares wie auch Erneuerbares enthalten würde. Die Unabhängigkeit von Schurkenstaaten wie Iran und Venezuela würden sie genauso garantieren wie den Klimaschutz. Spätestens in 15 Jahren, wie Obama verhieß.

Wachstum und Jobs würden bald zurückkehren. Niemand müsste Angst haben, sein Haus, geschweige denn sein Bankkonto zu verlieren. Das Rentensystem, das in Amerika nicht ganz so laut kracht wie in Europa, wo die Bevölkerung rapide altert, würde zuverlässig reformiert werden. Großes Ehrenwort, hätte jetzt ein Pfadfinder hinzugefügt.

Außenpolitik? Da hatte jeder recht – Obama mit seinem Votum gegen den Krieg, und McCain mit seiner Stimme dafür. Wie beides möglich sein konnte, wissen nur Wahlkämpfer zu erklären. Ein humanitärer Einsatz, der nicht von klassischen Sicherheitsinteressen gedeckt sei? Beide betonten die moralische, aber auch die politische Pflicht, zuvor über Mittel, Ziele und Erfolgschancen nachzudenken.

Iran? Dieser Schurkenstaat darf auf keinen Fall Atomwaffen in die Hände bekommen; auch hier waren sich die beiden einig. Aber Krieg? “Diese Option bleibt auf dem Tisch”, grollte Obama. Beide wollen jedoch, dass im Zusammengang mit den Verbündeten erst einmal die schärfsten Sanktionen verhängt werden müssten.

Afghanistan und Pakistan? Wieder ließ Obama durchblicken, dass man bin Laden selber greifen oder töten sollte, wenn die Pakistanis den Job verweigerten. Also in Pakistan einmarschieren? Hier errang McCain ein paar pazifistische Punkte, indem er den Jüngeren ermahnte, doch nicht etwas anzukündigen – eine Souveränitätsverletzung – die den Verbündeten in Islamabad nur verstören und ins gegnerische Lager treiben würde.

“Sie können doch nicht deren Kooperation verspielen, indem Sie Pakistans öffentliche Meinung gegen sich kehren”, tadelte McCain. Woraufhin Obama, getreu seinem neuen Mitte-Kurs zurückschoss: “Niemand redet hier von einer Invasion.”

Unterschiede? Ja. Obama setzt auf den Schrecken, der dem Wahlvolk seit dem Super-Crash in die Knochen gefahren ist, und verspricht Sozialdemokratisches auf amerikanisch: den fürsorglichen, absichernden Staat, aber unter Beibehaltung klassischer Tugenden wie Individualismus und Bürgersinn. McCain? Klassischer Liberal-Konservatismus: Ich gebe euch lieber Steuererleichterungen, damit ihr mit dem Geld zum Beispiel eure eigene private Gesundheitsversicherung kaufen könnt.

Die Leute sollten ihn doch wählen, lautete Obamas Schlussplädoyer, damit er den Amerikanischen Traum in die nächste Generation tragen könne. Und die Leute sollten ihn, McCain, wählen, weil er ihnen eine “ruhige Hand am Ruder” versprechen könne.

Dass sich Amerika womöglich in einer Jahrhundertkrise befinde, konnten man von beiden nicht hören. Es war Business as usual. Aber mit einem deutlichen Vorteil für den Neuen, Frischen und Jungen.

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