For a Few Dollars More

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Für ein paar Dollar mehr

VON JÖRG SCHINDLER

Auf der Oklahoma Gun Show wechseln gebrauchte Maschinengewehre, Jagdmesser und Tarnanzüge ihre Besitzer.

Trevor Cupp sieht aus, als sei es gestern wieder spät geworden. Der Junge mit den rostigen Rastazöpfen kann kaum die Augen aufhalten, als er an diesem Morgen das Messegelände von Oklahoma City betritt. Er ist auch nicht so richtig zum Reden aufgelegt, drückt am Eingang zehn Dollar ab und beginnt, einigermaßen unaufgeregt durch die Reihen zu schlurfen. Trevor Cupp hat sich heute freigenommen, die Japanisch-Seminare an der Uni müssen warten. Der 23-Jährige hat Wichtigeres zu tun. Er braucht unbedingt ein paar Maschinengewehre.

“Wir sind Sammler, Mann”, sagt Cupp, als er am Rande der Oklahoma Gun Show seine Sprache wiedergefunden hat. Sechs Waffen hat er schon zu Hause, genauso viele wie sein Freund Justin Sylsberry, ein hagerer Medizinstudent, der gerade eine Schweizer Sig 556 in den Armen und ein halbautomatisches K31 auf dem Rücken trägt. Die will er heute verkaufen und das Geld gleich reinvestieren. Vor der Wahl werden beide ihr Arsenal noch etwas aufstocken, denn eins sei sicher, sagt Trevor: “Wenn Obama gewinnt, dann steigen hier die Preise.”

In der Schlange vor der Expo Hall stehen Menschen jeden Alters und jeder Schicht und warten geduldig auf Einlass. Einzelgänger mit Cowboyhut und Colt im Jeansbund, Kleinfamilien, die ihren Nachwuchs mit Zwillen und Plastikpistolen ruhigstellen, Studenten wie Trevor und Justin. Aber auch Typen wie der stiernackige Glatzkopf, der mit seinem Sohn und seinem Maschinengewehr aus einem Vorort gekommen ist und ein Muskelshirt trägt, auf dem steht: “sic ‘n crazy”, krank und verrückt. 800 Dollar will er für seine “Noozy” haben. Das Geld, sagt er, kann er gerade ganz gut gebrauchen.

In der abgedunkelten Messehalle beginnt ein Handel mit allem, was weh tut. Gebrauchte Winchester und Walther wechseln für wenige hundert Dollar ihre Besitzer. Die Heckler&Koch, die Cupp sucht, findet sich in der vorletzten Reihe. Daneben wuchtige Ungetüme, von denen man dachte, sie seien nur für die “Man in Black”-Serie erfunden worden. Außerdem Bleiwesten und Jagdmesser, Tarnanzüge und Hemden mit eingenähtem Holster.

Und wer hinten beim Infostand der National Rifle Association (NRA) seine Unterschrift hinterlässt, darf gratis eine Schirmmütze einstecken. Die hilft, wenn die Sonne beim Zielen blendet. Dass mittendrin auch ein Händler “Vietcong Hunting Club”-Sticker und original Hakenkreuz-Binden verhökert, scheint hier drinnen niemanden zu stören. Auch nicht den Polizisten, der am Einlass halbherzig kontrolliert.

Woher diese Begeisterung für Waffen kommt, weiß Cupp auch nicht so recht zu sagen. “Ich denke, naja, das ist irgendwie…cool. Man fühlt sich irgendwie mächtiger mit einem Gewehr.” Aber eigentlich, sagt Cupp, habe er keine große Lust, sich zu rechtfertigen. “Die Leute, die jeden Sonntag in die Kirche gehen, fragt doch auch keiner, wieso sie das tun. Oder?” Dann dreht er wieder ab. Er braucht noch was zum Schießen.

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