A Man Alters the Course of His Life

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21. Oktober 2008 Man kannte so etwas bislang nur aus amerikanischen Spielfilmen. Und dort waren es meist die herzzerreißendsten, kathartischen Szenen am Ende eines ewigen Showdowns, der letzte, entscheidende Anstoß, die Wende zum Guten: Dass nämlich einer seine Gang verlässt, weil ihm deren Tricks und Ziele nicht mehr geheuer sind, sich demonstrativ auf die Seite seiner Gegner schlägt, das aber auch tut, um mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen, nachdem er erst lange mitgemacht hatte, bis er endlich merkte, dass etwas mit den Tricks und Zielen nicht stimmte. „This is something I should have done a long time ago“, sagen diese Aufrechten dann immer, denn es sind ja amerikanische Filme, in denen so etwas normalerweise geschieht.

Aber jetzt hat, wiederum vor laufenden Kameras, genau das Colin Powell getan, der Republikaner, ehemalige amerikanische Außenminister und vor allem jener Mann, der im Februar 2003 vor dem UN-Sicherheitsrat erklärte, warum Amerika in den Krieg gegen den Irak ziehen müsse. Den Entschluss hatte Powell mit Geheimdienstbeweisen über Massenvernichtungswaffen legitimiert, die sich später als falsch erwiesen. Am Sonntag hat nun derselbe Powell im amerikanischen Fernsehen angekündigt, er werde am 4. November seine Stimme dem demokratischen Präsidentschaftsbewerber Barack Obama geben: „Er weiß wie wir“, sagte Powell, „dass jetzt der Moment gekommen ist, wo wir alle als eine Nation zusammenkommen müssen – Jung und Alt, Reich und Arm, Schwarz und Weiß, Republikaner und Demokraten.“

Raus aus der Gerüchteküche

Wer Powell, den Sohn jamaikanischer Einwanderer und einundsiebzigjährigen Militär außer Dienst, bei „Meet the Press“ zusieht, erlebt einen Politiker, der sich losspricht und befreit, ja: selbstverwirklicht. Immerhin hatte es einmal die Powell-Doktrin gegeben, die besagte, Streitkräfte nur als letztes Mittel einzusetzen. Seinen Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat hatte Powell zwar schon 2005 als „Schandfleck“ seiner Karriere bezeichnet. Damit war er aber weitgehend allein geblieben. Denn wird etwa sein immer noch amtierender Präsident George W. Bush gefragt, wie es denn damals war mit den Beweisen, antwortet der noch im Mai 2008: „Mir haben Leute erzählt, dass es Massenvernichtungswaffen gibt.“

Auch gegen diese lapidare, nachlässige Art der politischen Rhetorik, bei der jede Form von Verantwortung verwahrlost, erhebt Colin Powell jetzt sein Wort. Er hat den Irak mit reingerissen, jetzt will er seinen Beitrag zum Wiederaufbau Amerikas leisten. Er versucht, sein Leben zu ändern. Jetzt will er, dass auch Amerika sein Leben ändert. Dazu braucht es wohl filmreife Auftritte wie den vom Sonntag.

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