Osama Obama

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Osama Obama

von Philipp Neumann, Politikredakteur

28.10.2008 – 17.00 Uhr

Was manche McCain-Fans über den demokratischen Präsidentschaftskandidaten sagen.

„Woher kommen Sie denn? Aus Deutschland? Nein, wie nett ist das denn! Ich war dort 1972 stationiert.“ Es ist unfassbar, wie leicht man mit Amerikanern ins Gespräch kommt, erst recht, wenn man so unamerikanisch, um nicht zu sagen deutsch, aussieht wie ich. Die meisten treffen auch tatsächlich auf Anhieb das richtige Land. Einige arbeiten sich über die Niederlande oder die Schweiz nach Deutschland vor. Andere glauben, ich käme aus England – was angesichts meines Akzents doch erstaunlich ist. Es liegt aber wohl daran, dass ich mich weigere, das „a“ in can’t wie „ääh“ auszusprechen. Ich nehme das britische „aah“. Doch ich schweife ab.

So ein Small Talk ist immer wieder nett, auch wenn man insgesamt wenig über die andere Seite erfährt. Politik wird meistens ausgeklammert. Dachte ich jedenfalls. Bis ich gestern Abend im Restaurant meine erste politische Diskussion hatte. Es begann wie immer harmlos. Zwei ältere Ehepaare und ich. Sie guckten zu mir, ich zu ihnen. Zuerst das Woher und Wohin, dann einige Sightseeingtipps für New York. Und dann die Frage, was ich denn über die Präsidentschaftswahl dächte. Ich sagte offen, dass ich für Obama sei. Schweigen. Einer der beiden Ehemänner, Carl, sagte dann, dass sie nicht für Obama seien. Sie seien für McCain. Und ob ich mal darüber nachgedacht hätte, warum Obama Präsident werden wollte. „Weil er Macht haben will?“, fragte ich. „Genau“, sagte Carl. „Und McCain will Präsident werden, um seinem Land zu dienen.“

Nun gut. Ich glaube zwar nicht, dass jemand nur von Altruismus getrieben ist, wenn er das weltweit mächtigste politische Amt anstrebt. Ich muss aber zugeben, dass der Gedanke bestechend ist, dahinter könnte zumindest doch mehr als das schlichte Machtstreben stecken. Eine andere Grundhaltung wenigstens. Ich weiß nicht, ob das wahr ist. In Deutschland ist es normal, dass Politiker fast nie einen anderen Beruf hatten, als eben Politiker zu sein. In Amerika fällt es unangenehm auf, wenn jemand seine politische Karriere derart gut plant wie Obama.

Was mich dann aber erschreckt hat, waren die Argumente, die Carl und die drei anderen noch gegen Obama vorbrachten. Er habe keinen Charakter, er sei Muslim, er treffe sich mit Terroristen – die ganze Palette der billigen Propaganda von rechts. Und Sarah Palin habe mehr Grips im Kopf als Obama. Wie bitte? Das war mir dann doch zu viel. Ich habe mein Bier ausgetrunken, die Kreditkartenquittung unterschrieben und mich so verabschiedet, wie man sich hier nach dem Small Talk verabschiedet: „Nice to meet you!“

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