The Unrepresentative American Election

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Die unrepräsentative US-Präsidentschaftswahl

von Gert Wagner, Forscher 29.10.2008 – 16.36 Uhr

Was ist Volkes Wille?

Die Wahlumfragen deuten darauf hin, dass der demokratische Bewerber Barack Obama zum nächsten Präsidenten der USA gewählt werden wird. Freilich ist das nicht so sicher, wie die Umfragen glauben machen. Denn das Wahlsystem in den USA ist nicht dazu geschaffen worden, den Volkswillen möglichst gut zu repräsentieren. Es soll möglichst stabile Mehrheiten schaffen. Zur Not auch gegen den Willen des Volkes, wie bei der ersten Wahl von GeorgeW. Bush, als sein Konkurrent Al Gore mehr Stimmen bekam als der spätere Präsident.

Die Wählerinnen und Wähler bestimmen nicht den Präsidenten, sondern sie wählen lediglich „Wahlmänner“, die dann im Electoral College den Präsidenten bestimmen. Dabei sind sie an das Urteil der Wähler in dem Bundesstaat gebunden, in dem sie gewählt wurden. Unfair wird es aber, weil der Sieger in einem Bundesstaat alle Wahlmänner zugeschlagen bekommt. Wäre bei den Vorwahlen der Demokraten nach diesem System abgestimmt worden, würde jetzt Hillary Clinton antreten.

Das Wahlmännersystem verzerrt zudem zugunsten der Republikaner. Denn die Zahl der Wahlmänner hängt nicht von der Zahl der tatsächlich Wählenden ab, sondern von der Größe der Bevölkerung. Die wird aber in den USA, wo es keine kommunalen Meldebehörden gibt, sehr schlecht gemessen. Die Volkszählungen sind notorisch ungenau und erfassen vermutlich nur wenig mehr als 90 Prozent der tatsächlichen Bevölkerung. In Staaten, wo es Megastädte gibt, wird die Bevölkerungszahl besonders krass unterschätzt. Dadurch ist das Gewicht dieser Staaten im Wahlmännergremium zu klein – und die Demokraten, die in diesen Staaten besonders stark sind, werden benachteiligt.

Es gibt noch weitere Ungereimtheiten bei der Präsidentenwahl. Warum zum Beispiel finden die Wahlen an einem Dienstag, einem Werktag, im November statt? Das mag im 19. Jahrhundert, als am ersten Dienstag die Farmer und Rancher nichts mehr zu tun hatten, demokratisch gewesen sein. Nicht mehr aber in einer Arbeitswelt olympiareifer Belegschaften, wo Arbeitnehmer sich zweimal überlegen, ob sie wegen einer Wahl nicht zur Arbeit erscheinen! Schließlich kann die traditionell niedrige Wahlbeteiligung Barack Obama am Ende zum Verhängnis werden. Etwas mehr als 50 Prozent gelten schon als Erfolg. Und farbige Minderheiten gehen nach wie vor kaum wählen. Auf jeden Fall gilt: Jede Telefonumfrage ist in den USA für den Volkswillen repräsentativer als die Präsidentschaftswahl.

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