Why John McCain Trails in the Polls

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US-WAHLKAMPF

Warum John McCain in den Umfragen zurückliegt

Die Republikaner gehen mit gemischten Gefühlen in die letzte Wahlkampfwoche: John McCain holt zwar deutlich in den Umfragen auf, allerdings tritt der Präsidentschaftskandidat immer wieder vor halbleeren Hallen auf. McCains Kampagne hat nach Meinung republikanischer Politikstrategen gleich mehrere Schwächen.

Eine Woche vor der Präsidentschaftswahl in den USA wird es einsam um John McCain. Als der republikanische Kandidat am Wochenende zu einer Kundgebung in New Mexico geladen hatte, verloren sich nur wenige hundert Besucher auf einem Messegelände. Nicht weit entfernt, im Bundesstaat Colorado, verfolgten etwa 100.000 Fans den Auftritt des Demokraten Barack Obama. Bekannte republikanische Politiker gehen öffentlich auf Distanz zu McCain. Innerhalb seines Beraterteams hat bereits die Suche nach den Schuldigen für die drohende Wahlniederlage begonnen. Nach acht Jahren im Weißen Haus ist die Partei ausgezehrt, ihr droht ein Kampf um die künftige Richtung.

Die Republikaner gehen in düsterer Stimmung in die letzte Wahlkampfwoche. Immer wieder tritt McCain vor halbleeren Hallen auf. Seine Berater reagieren mit einer Mischung aus Galgenhumor und Trotz. „Wenn die Zahl der Besucher für Sieg oder Niederlage bei der Wahl den Ausschlag geben würde, wäre Obama mit seinen 200.000 Zuhörern in Berlin schon längst zum deutschen Bundeskanzler gewählt worden“, spottet sein Sprecher Tucker Bounds. McCains mangelnde Zugkraft spiegelt sich freilich

schmerzhaft in den Umfragen wider: Die „Washington Post“ sah ihn bei 45 Prozent, Obama bei 52 Prozent.

Der konservative Vordenker David Frum, ein früherer Redenschreiber von Präsident George W. Bush, hat bereits einen bitteren Nachruf auf McCains Kampagne verfasst. „Es gibt viele Arten, eine Präsidentschaftswahl zu verlieren“, schrieb Frum am Sonntag in der „Washington Post“. „John McCain verliert sie auf eine Art, die die ganze Republikanische Partei mit nach unten reißen könnte.“ Frum kritisiert McCains sprunghafte Reaktion

auf die Finanzkrise und seine wenig glaubhaften Versuche, den Gegner Obama mal als Terroristenfreund und mal als Sozialisten hinzustellen: „Diese Strategie hat die Basis der Republikaner mobilisiert, aber die Wähler der Mitte abgeschreckt, und nur dort kann die Wahl gewonnen werden.“

Was Frum als „McCains schreckliche Kampagne“ geißelt, lässt auch andere Republikaner auf Distanz gehen. Ex-Außenminister Colin Powell und Bushs früherer Sprecher Scott McClellan erklärten öffentlich, Obama wählen zu wollen. Sie beklagen den aggressiven Ton von McCains Kampagne und ihre Verengung auf die konservative Kernwählerschaft. McCain, der mit dem Anspruch ideologischer Unabhängigkeit angetreten war, habe den Rechtsruck nicht aufgehalten. Zuletzt brachen die republikanischen Ex-

Gouverneure von Massachusetts und Minnesota mit McCain. Sie zeigten sich enttäuscht über dessen Wahlkampf und würdigten Obama als Ausnahmekandidaten, der das Zeug zum großen Präsidenten habe.

McCain hat es mit einer ungewöhnlichen Kombination widriger Umstände zu tun. Zum einen reicht der Unmut über die Bilanz von Präsident Bush tief hinein in die eigene Partei. Die Wirtschaftskrise und das astronomische Haushaltsdefizit nagen am Selbstverständnis der Republikaner, die doch mit dem Anspruch fiskalischen Sachverstands angetreten waren. Zum anderen steht McCain mit Obama ein charismatischer Rivale gegenüber, dessen Anziehungskraft bis ins konservative Lager reicht. Namenhafte

Republikaner finden in Obama das, was sie in der eigenen Partei vermissen: Pragmatismus, die Bereitschaft zum Abwägen, die Gabe zur rhetorischen Aufmunterung einer verunsicherten Nation.

In McCains Team hätten nun bereits die „Dolchstöße und Schuldzuweisungen“ begonnen, sagte McCains früherer Berater Mark McKinnon dem Onlinemagazin „Politico“. McKinnon hatte das Team verlassen, weil er die aggressive Wahlkampfstrategie nicht mittragen wollte. „Jetzt kämpft jeder nur noch für sich“,

beschrieb ein anderer McCain-Mitarbeiter anonym die Stimmung im Wahlkampfstab. „Jetzt hat jene Phase angefangen, in der man mit dem Finger aufeinander zeigt und sich für die eigene Zukunft

positioniert.“

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