Obama and Clinton: Similarities at Three in the Morning

<--

Obama und Clinton

Gemeinsamkeiten um drei Uhr morgens

Von Matthias Rüb

Vereint: Obama und Clinton

03. Dezember 2008 Es war einer der einprägsamsten Werbespots für Hillary Clinton während des Vorwahlkampfs um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten in den Vereinigten Staaten: der Anruf um drei Uhr morgens. Ein Präsident müsse auch dann, wenn mitten in der Nacht überraschend das Telefon klingele, in der Lage sein, richtig auf eine Krise von weltgeschichtlichem Ausmaß zu reagieren, hieß es. Barack Obama jedoch sei außen- und sicherheitspolitisch so unerfahren, ja naiv, dass man ihm nicht die Führung des Landes anvertrauen könne, lautete das Argument der einstigen First Lady. Ein monatelanges Training im Job im Oval Office für den 47 Jahre alten Juniorsenator aus Illinois könne sich die Nation aber nicht leisten.

Obama vergalt Hillary Clinton diesen Angriff mit dem Gegenvorwurf, eine besonders große außenpolitische Erfahrung könne auch eine First Lady nicht für sich beanspruchen. Auf Reisen an der Seite ihres Mannes Bill, des 42. Präsidenten, habe Hillary Clinton „kaum mehr getan, als mit ausländischen politischen Führern Tee zu trinken“. Außerdem ergebe sich Urteilsvermögen nicht aus einer Minderstverweildauer im Senat – das ging sowohl gegen die New Yorker Senatorin Clinton als auch gegen Joseph Biden, den Senator aus Delaware, der damals ebenfalls Obamas Konkurrent war und nun sein Vizepräsident ist. Schließlich hätten Clinton und Biden im Oktober 2002 für die Senatsresolution gestimmt, welche Präsident George W. Bush dazu ermächtigte, in den Irak einzumarschieren.

Wo bleibt der versprochene Wandel?

Obama dagegen, der damals noch nicht im Senat war, habe sich zwar nicht grundsätzlich gegen jeden Waffengang ausgesprochen, aber gegen einen „dummen Krieg“ wie jenen im Irak. Damit habe er, so Obama, die richtige Entscheidung getroffen, während die beiden Senatoren trotz aller Erfahrung mit dem republikanischen Präsidenten in die falsche Richtung marschiert seien.

Dieses Argument war für Obama im Vorwahlkampf ungeheuer wichtig, denn seine frühe Gegnerschaft gegen den Krieg im Irak mobilisierte den linken Flügel der Partei sowie die „Graswurzelaktivisten“, die sich innigst nach dem von Obama versprochenen „Wandel“ sehnten. Dass dieser Wandel mit Washingtoner Topfpflanzen wie Hillary Clinton und Joseph Biden nicht möglich sei, sondern nur mit Obama, glaubte ihm schließlich eine Mehrheit der Wähler bei den demokratischen „Primaries“.

Inzwischen ist in linken Blogs ein gewisses Murren zu hören angesichts der außen- und sicherheitspolitischen Personalentscheidungen Obamas: Wo bleibt der versprochene Wandel – mit Biden als Vizepräsident, mit Hillary Clinton als Außenministerin, und gar mit dem von Präsident Bush übernommenen Robert Gates als Verteidigungsminister?

Ein „Team der Rivalen“?

Tatsächlich waren die weltanschaulichen Unterschiede zwischen den Kandidaten in der Außen- und Sicherheitspolitik, die Hillary Clinton und Barack Obama aus vorwahlkampftaktischen Gründen so betont hatten, bei genauem Hinsehen alles andere als dramatisch. Von einem „Team der Rivalen“, wie es nun mitunter genannt wird, kann nur insofern die Rede sein, als beide einst den gleichen Job wollten, aber nicht weil sie unterschiedliche Positionen verträten.

Seit Obama im Januar 2005 in den Senat einzog, entsprach sein Abstimmungsverhalten in den allermeisten außenpolitischen Fragen jenem Hillary Clintons: Beide stimmten jeweils für die Nachtragshaushalte zur Finanzierung der Kriege im Irak und in Afghanistan, obwohl sich auch Frau Clinton zur Gegnerin des Krieges im Zweistromland gewandelt hatte; doch einen sofortigen oder raschen Abzug der Truppen aus dem Irak wollten beide nicht mit dem Instrument der Verweigerung der Budgetmittel erzwingen. Clinton wie Obama waren gegen die von Präsident Bush durchgesetzte Truppenaufstockung von Februar 2007 an im Irak – und beide irrten sich mit der Voraussage, dass mehr amerikanische Truppen mehr Chaos statt mehr Sicherheit bedeuten würden.

Fast identische Positionen

Obama wie Hillary Clinton fordern eine Vergrößerung der ständigen Mannschaftsstärke des von zwei langen Kriegen ausgezehrten Heeres sowie der Marineinfanterie. Sie sind für den Ausbau der amerikanischen Militärmacht als „der stärksten auf unserem Planeten“ (Obama) sowie für die Festigung der globalen Überlegenheit gegenüber allen potentiellen Rivalen Amerikas. Sie sind, wie es Obama bei der gemeinsamen Pressekonferenz vom Montag mit Clinton und den anderen Mitgliedern seines nationalen Sicherheitsteams ausdrückte, beide jedoch auch dafür, dass die fortgesetzt ausgebaute „harte Macht“ mit der „weichen Macht“, nämlich „der Weisheit und der Stärke unserer Diplomatie verbunden wird“.

Dass die Vereinigten Staaten nach dem globalen Zwist um den Irak-Krieg künftig wieder durch „die Macht des moralischen Beispiels“ ihren globalen Einfluss ausüben müssten, ist das gemeinsame Credo des gewählten Präsidenten und seiner künftigen Außenministerin. Auch in der konkreten Frage, wie rasch die amerikanischen Soldaten aus dem Irak abgezogen werden sollen, vertreten Obama wie Clinton fast identische Positionen.

Obama hält zwar formal an seiner Wahlkampfforderung fest, alle Truppen müssten binnen 16 Monaten nach seinem Amtsantritt im Januar abgezogen sein. Doch er versichert, bei seiner Entscheidung werde er dem Rat der Kommandeure im Feld folgen und die Sicherheitsinteressen der amerikanischen Truppen wie der Iraker berücksichtigen. Hillary Clinton könnte es ebenso formulieren.

Text: F.A.Z.

Bildmaterial: AP

About this publication