Obama’s Mea Culpa

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Leitartikel

Obamas Mea Culpa

Barack Obama zeigt Nerven. Der frischgebackene US-Präsident, der bislang stets so beeindruckend souverän und cool auftrat, ist bei der Zusammenstellung seiner Regierung peinlich ins Stolpern geraten.

Vor laufender Kamera hat der US-Präsident ein ungewöhnliches Eingeständnis gemacht: “Ich hab’s

vermasselt und ich übernehme die Verantwortung dafür.”

Solche Offenheit mag mit ihrem jungenhaften Charme manche Kritiker entwaffnen. Obamas Schlamassel ist damit aber längst nicht abgehakt. Der Präsident, der mit einer fast messianischen Botschaft des

moralischen Wandels nach Washington kam, erleidet in diesen Tagen einen ersten herben Verlust an Glaubwürdigkeit.

Bei der Zusammenstellung des Regierungsteams reiht sich eine Peinlichkeit an die andere. Der

Handelsminister in spe, Bill Richardson, gab schon im Januar nach Korruptionsvorwürfen auf; ihm folgten

nun die vorgesehene “Haushaltswächterin” Nancy Killefer und der Gesundheitsminister in spe, Tom

Daschle, die beide fällige Steuern nicht gezahlt haben. Etliche andere Nominierungen sind heftig umstritten: Ex-Lobbyisten sollen in die Regierungsspitze einrücken, und selbst der künftige Finanzminister Timothy Geithner musste einräumen, dass er in der Vergangenheit Steuerzahlungen “vergessen” hatte.

Abgebrühte Politveteranen können natürlich darauf hinweisen, dass derartige Holprigkeiten schon immer

zum Geschäft gehörten. Jeder neue US-Präsident muss in wenigen Wochen Hunderte von Führungspositionen neu besetzen. Da bleibt es nicht aus, dass bei der Überprüfung der Kandidaten schon mal hässliche Details wie eine illegal beschäftigte Putzfrau zu spät erkannt werden.

Im Fall der Regierung Obama fällt die Kluft zwischen trübem Alltagsgeschäft und hehren Ansprüchen allerdings besonders unangenehm auf. Zumal die Erklärungen des Präsidenten nicht besonders überzeugend sind.

Im Fall Daschle stellte sich Obama erst vor seinen Kandidaten, dann zog sich dieser überraschend “auf eigenen Wunsch” zurück, dennoch übernahm Obama dann die Verantwortung für den Vorfall.

Es werde bei ihm keinesfalls mit zweierlei Maß gemessen, verspricht Obama, und sein Regierungssprecher verkündet unbeirrt, diese Regierung werde so ethisch handeln wie noch keine andere. Zugleich ist aber schon am Fall des Finanzprofis Geithner erkennbar, dass Obama sehr wohl höchst pragmatisch und flexibel ist. Ein Steuerhinterzieher als oberster Chef der Finanzverwaltung – das mag in

Zeiten der großen Wirtschaftskrise unvermeidlich sein, ein Signal für neue Moral in Washington ist es mit Sicherheit nicht.

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