Exorbitant Hope – Obama as Crisis Manager

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Aus den Tagen vor Barack Obamas Amtseinführung als US-Präsident stammt dieser Witz: “Was macht Obama, wenn er den Amtseid abgelegt hat? In den ersten sechs Tagen löst er die Probleme Amerikas und der Welt. Am siebten Tage aber wird er ruhen.” Obama, der Göttliche, der Wunderheiler – der Witz treibt nur auf die Spitze, was es tatsächlich gibt: Unrealistische Erwartungen und maßlose Hoffnungen. Dabei sollten die ersten Wochen im Amt, die ersten Rückschläge, Fehler und Enttäuschungen der Ära Obama selbst dem überschwänglichsten Fan gezeigt haben, dass Obama auch nur ein Mensch ist.

Natürlich ist die anhaltende Begeisterung verständlich. Die Aufbruchstimmung, die Obama ausgelöst hat, ist um die Welt gegangen; seine Botschaft von Hoffnung und Neuanfang, sein eigener Aufstieg haben Millionen ermutigt und inspiriert. Er hat die politische Weltbühne betreten, als das Publikum so sehr auf einen Helden, einen Retter gewartet hat. Obama macht Mut, und das ist gut so.

Manchmal aber trüben die globalen Freudentränen den klaren Blick. Obama geht energisch zu Werke, das ist wahr. Aber er steht, von Tag zu Tag mehr, vor gigantischen Problemen. Seine Vision von einem neuen, gerechteren Amerika rückt in weite Ferne; seine Handlungsspielräume sind enger, als er erwartet hatte, und sie verengen sich weiter. Der Neuanfang wird überschattet von der monströsen Wirtschaftskrise.

Die Krise zeigt, dass auch der mächtigste Mann der Welt den Gang der Dinge nicht einfach in seinem Sinne gestalten kann und messianische Heilserwartungen, die man auf einen Politiker projiziert, schon deshalb gefährlich sind. Der US-Präsident ist selbst oft nur ein Spielball der Geschichte, ein Getriebener viel mehr als ein Antreiber. Obama ist als Visionär und Reformer gestartet; jetzt ist er Krisenmanager in einer nationalen Notlage.

Die Krise bringt Obama auch aus einem ganz praktischen Grund in Bedrängnis: Sie zwingt ihn, Geld auszugeben, das es gar nicht gibt, und glücksspielartig auf eine schnelle Erholung der Wirtschaft zu wetten. Das gigantische Konjunkturpaket, das Obama mit aller Kraft durch die Instanzen drückt, entspricht weder seinen politischen Überzeugungen noch den finanziellen Möglichkeiten der hoch verschuldeten USA. Es ist ein verzweifelter Rettungsversuch. Obama nimmt sich auch genau die finanziellen Möglichkeiten, die er für andere große Reformprojekte braucht. Selbst wenn die Rechnung aufgeht und die Wirtschaft wieder anspringt, werden die neuen Schulden die Obama-Präsidentschaft überschatten.

Ist das Konjunkturpaket richtig? Bewährt sich Obama als Krisenmanager? Wie schwer wiegen die Pannen bei der Berufung seiner Minister? Vieles wird sich erst im Rückblick als gut oder schlecht herausstellen. Obama verdient einstweilen eine nüchterne Begleitung. Für Heiligenverehrung und blinde Zustimmung aber sollte in der Politik auch dann kein Platz sein, wenn man das Wirken eines Politikers mit Sympathie verfolgt.

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