Republikaner torpedieren Obamas Konsens-Vision
(94) Von Uwe Schmitt 13. Februar 2009, 16:09 Uhr
Barack Obamas Streben nach Überparteilichkeit erhält einen Dämpfer nach dem anderen: Beim Konjunkturpaket wollten die Republikaner nicht mitspielen, der designierte – republikanische – Handelsminister sprang ab. Es sind Manöver der politischen Konkurrenz. Doch auch Obama hat Fehler gemacht.
Barack Obamas Werben um überparteilichen Konsens für das kolossale Konjunkturpaket wie für sein „Kabinett der Rivalen“ erweist sich zunehmend als vergebliche Liebesmüh. Die jüngste Zurückweisung erlebte der US-Präsident, als Judd Gregg, republikanischer Senator für New Hampshire und designierter Handelsminister, wegen „unlösbarer Konflikte“ auf das Amt verzichtete. Gregg wäre der dritte Republikaner in Obamas Ministerrunde gewesen; er hatte die Nominierung vor Tagen akzeptiert, nachdem Obamas erste Wahl, der Gouverneur von New Mexico Bill Richardson, wegen einer laufenden Untersuchung wegen seiner Wahlkampfspenden aufgegeben hatte.
Auch wenn Gregg in einer eilig einberufenen Pressekonferenz am frühen Donnerstagabend alle Schuld auf sich nahm und dem Präsidenten bescheinigte, sich „unglaublich anständig und großzügig“ verhalten zu haben – Gregg hat den Spott, aber Obama hat den Schaden. Zumal bei Republikanern, die sich gerne von ihm zu Cocktails ins Weiße Haus und zu Super-Bowl-Fernsehabenden einladen lassen, Obamas Bitten um Unterstützung in Amerikas größter Krise seit 1929 aber kalt abweisen.
Kein republikanischer Abgeordneter rührte noch eine Hand für das Konjunkturpaket im Repräsentantenhaus; nur drei moderate Republikaner ließen sich im Senat umstimmen. Judd Gregg enthielt sich der Stimme und erntete wütende Kritik von beiden Lagern. Er müsse sich schon entscheiden, was er wolle. Entweder er diene loyal Präsident Obama und stimme entsprechend ab. Oder er widersetze sich und verzichte auf sein Amt.
Es scheint, als habe Gregg sich dieser zwingenden Logik nicht länger entziehen können. Republikanische Freunde hatten ihn öffentlich und verhohlen des Verrats bezichtigt. Obstruktion scheint der Schlachtruf der führerlosen Partei nach zwei verlorenen Wahlen, 2006 und 2008, zu lauten: „Lasst Obama samt seinem Konjunkturpaket ins Leere laufen; und wenn das enttäuschte, wundergläubige Volk sich demnächst gegen ihn wendet, hatten wir schon immer Recht.“
Man kann das zynisch nennen oder politisch smart. Republikaner behaupten, Obamas gigantische Staatsausgaben würden weder die Wirtschaft stimulieren, noch Jobs schaffen, sondern Amerika in den Sozialismus führen, wie ihn die linken Demokraten immer ersehnt hätten. Warum Judd Gregg etliche Tage benötigte, um weltanschauliche Abgründe zu erkennen, bleibt rätselhaft. Gregg behauptet, der Präsident habe ihn gebeten; das Weiße Haus behauptet, der Senator habe sich angedient und gelobt, Obamas Politik zu verteidigen.
Tatsache ist, dass Präsident Obama keine glückliche Hand und sein Team wenig Spürsinn bei der Auswahl der Minister beweisen. Zwei Kandidaten mussten wegen Steueraffären verzichten. Sie beschädigten Obamas Versprechen, keine „Drehtür-Lobbyisten“ in seiner Mannschaft zu dulden. Finanzminister Timothy Geithner, auch er ein Steuersünder, wurde nur murrend bestätigt, weil er der erste war. Und nun folgt Judd Gregg, angeblich vom Fraktionschef der Demokraten im Senat Harry Reid empfohlen, ein fiskalkonservativer Republikaner aus dem widerspenstig anti-etatistischen Staat New Hampshire (Motto: „Frei leben oder sterben“). Ist das wirklich eine Überraschung?
Es heißt, die Entscheidung des Weißen Hauses, dem Handelsministerium die Aufsicht über die Volkszählung 2010 zu nehmen, habe eine wichtige Rolle gespielt. Der Zensus ist für Minderheiten, die notorisch untererfasst werden, von Bedeutung und politisch entscheidend für die Neueinteilung von Wahlkreisen. Mit einem gewissen Recht fürchten Republikaner, dass die Zählung (zu ihren Ungunsten) politisiert würde, wenn das Weiße Haus statt der Beamten im Handelsministerium die Organisation übernehme. Judd Gregg, der 2010 offenbar nicht zum vierten Mal für seinen Sitz kandidieren will, wiegelte auf Fragen nach dem Zensus-Streit ab; das Thema habe eine geringe Rolle gespielt.
Barack Obama hörte die schlechten Nachrichten nach einer hinreißenden Rede bei einer Feierstunde in Springfield zum 200. Geburtstag Abraham Lincolns. Der Präsident hatte gesagt, die Nation sei nun um so viel inniger vereint. Lincoln habe die Wiedergeburt Amerikas und auch seine Karriere möglich gemacht. Er gelobte, sich im Streben nach Überparteilichkeit nicht beirren zu lassen
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