Staatsanleihen
Anleger zweifeln an Kreditwürdigkeit der USA
Viele Länder, darunter die USA, machen mehr Schulden, um ihre gigantischen Konjunkturprogramme
zu finanzieren. Sie holen sich Geld vom Finanzmarkt, geben Anleihen aus. Doch nun werden Zweifel an der Kreditwürdigkeit der USA laut. Deutsche Titel halten Investoren noch für stabiler.
Die Nachricht klingt zunächst recht unspektakulär. Die Ratingagentur Moody’s äußerte erstmals leise
Zweifel, ob die Bestnote AAA für die Kreditwürdigkeit der USA angesichts der riesigen Rettungspakete wirklich auf Dauer bestehen bleiben kann. Die Brisanz dieser Meldung liegt jedoch in den Folgen, die eine Herabstufung nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt hätte.
Jeder Privatmensch kennt es aus seinem eigenen Erleben: Will er etwas auf Kredit kaufen, so wird er
durchleuchtet und auf seine Kreditwürdigkeit getestet. Je schlechter sie ist, desto höhere Zinsen muss er bezahlen. Ganz ähnlich läuft es auch bei Staaten – je größer die Gefahr ist, dass ein Staat sein Geld nicht mehr zurückzahlen kann, desto höher der Zins. Und diese Gefahr wird von Ratingagenturen in Noten
ausgedrückt. AAA ist die Bestnote.
Bislang galten die USA stets als hervorragender Schuldner. Dass es wirklich zu einer Herabstufung der
größten Volkswirtschaft der Welt kommen wird, erwartet bislang auch kaum jemand. Schon aus einem
einfachen Grund: Die USA können praktisch gar nicht bankrottgehen, da sie – anders als Pleitekandidaten wie Island oder Ungarn – keine Schulden in anderen Währungen als dem Dollar hat.
“Zur Not können sie einfach Dollar nachdrucken”, sagt Holger Sandte, Chefvolkswirt der WestLB.
Die Geldgeber der USA machen sich aber dennoch Sorgen. Länder wie China, mit US-Staatsanleihen im
Wert von 682 Milliarden Dollar der größte Gläubiger, fürchten wegen des Zustands der amerikanischen
Staatsfinanzen um ihr Geld. Die Gefahr ist dabei weniger, dass die Anleihenkurse sinken, denn die
Notenbank hat bereits erklärt, dass sie dies verhindern werde, indem sie notfalls die Papiere aufkauft.
Doch ausländischen Anlegern würde das nicht viel helfen, im Gegenteil: Als Folge dürfte der Dollar-Kurs verfallen, und so würden die ausländischen Anleger auf diesem Weg Teile ihres investierten Geldes verlieren. Um das zu verhindern, könnten die Anleger die Staatsanleihen verkaufen – und so den
Dollar weiter auf Talfahrt schicken.
Allein um einen solchen Teufelskreis zu verhindern, dürften sich China und Japan hüten, US-Staatsanleihen zu verkaufen. Denn sie könnten niemals auf einen Schlag ihre gesamten Anlagen in Euro-Anleihen umlenken. Die noch im Portfolio befindlichen US-Papiere verlören erheblich an Wert.
Doch die Anleihenbesitzer, die auf den karibischen Inseln sitzen, sind wesentlich flexibler. Denn dahinter verbergen sich meist Hedgefonds. Auch die vielen kleineren Investoren sind weitaus freier in ihren Entscheidungen. “Private Pensionsfonds könnten durchaus eine Fluchtbewegung auslösen”, sagt
WestLB-Volkswirt Sandte.
Noch ist es nicht so weit. “Die Krise müsste sich noch einmal erheblich verschärfen, bis es zu einer
dauerhaften Fluchtbewegung aus US-Anlagen in europäische Staatstitel kommt”, sagt Christian Apelt,
Devisenexperte der Landesbank Helaba. Viel hänge davon ab, zu welchen Maßnahmen die USNotenbank
noch gezwungen werde. Jeder ihrer Schritte wird von den nervösen Investoren aufmerksam verfolgt. “Wenn die Notenbank tatsächlich beginnt, US-Staatsanleihen in großem Umfang aufzukaufen,
könnte dies zu einem plötzlichen Vertrauensverlust führen”, sagt Apelt. Viele Anleger könnten dem Dollar-Raum dann den Rücken kehren.
Die ersten haben damit offenbar bereits begonnen, wie ein Blick auf die Entwicklung der Aktienmärkte in den vergangenen zwei Wochen zeigt. Dabei ist auffällig, dass der Deutsche Aktienindex (Dax) deutlich besser abschloss als der amerikanische Dow Jones. Und auch bei Staatsanleihen deutete sich in den vergangenen Tagen bereits eine solche Bewegung an. Die zehnjährige Bundesanleihe zeigte sich etwas stabiler als ihr US-Pendant.
Auch im Vergleich zu Anleihen anderer Staaten der Euro-Zone haben deutsche Titel ihren Ruf als Hort der Sicherheit zuletzt gefestigt. Griechenland oder auch Irland müssen für eine Zehn-Jahres-Anleihe wieder deutlich mehr als fünf Prozent Zinsen zahlen, während die Anleger bei Deutschland schon mit drei Prozent zufrieden sind.
“Deutschland ist langfristig in einer guten Ausgangslage: Wir haben eine hohe Sparquote, niedrige Lohnkosten und eine stabilen Immobilienmarkt”, sagt Stefan Schilbe, Chefvolkswirt bei HSBC Trinkaus. Auch Moody’s hält Deutschland für robuster als die Vereinigten Staaten.
Ratingagenturen
Weltweit gibt es drei große Agenturen, die den Rating-Markt fast vollständig unter sich aufteilen: Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch. Diese drei bewerten mittels Buchstaben die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten. Ein “D” steht für zahlungsunfähig, danach geht es aufwärts bis hin zur Bestnote “AAA”. Ein Land mit solch einer Bonität gilt als flüssig, eine Investition in ihre Staatsanleihen als relativ risikolos. Die Agenturen bewerten europäische Staaten in der Regel mit der Bestnote, stuften zuletzt aber beispielsweise Spanien herab.
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