Obama Has To Shake The Money Tree

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Obama muss den Dukatenesel geben

Von Martin Klingst, Washington D.C. | © ZEIT ONLINE 19.2.2009 – 10:17 Uhr

Am Mittwoch, dem 30. Tag seiner Regentschaft, hat sich Barack Obama dem Kern der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gewidmet: Amerikas Not leidendem Immobilienmarkt

In Phoenix, Arizona, im Heimatstaat seines republikanischen Konkurrenten John McCain, dort, wo viele Häuser in den vergangenen Monaten fast die Hälfte ihres einstigen Kaufwertes verloren haben und Hunderttausende von Gebäuden unter den Hammer gekommen sind, verkündete der neue Präsident seinen neuesten Rettungsplan.

Etwa 75 Milliarden Dollar an Steuergeld will der neue Präsident bereitstellen, damit klamme Eigentümer ihre Hauskredite umfinanzieren können und Hypothekenzinsen niedrig bleiben – und damit von Zwangsversteigerung bedrohte Hausbesitzer nicht auf die Straße geworfen werden.

Es ist ein riskanter Schritt, die Notoperation leuchtet längst nicht allen Amerikanern ein. Besonders nicht jenen, die redlich und tapfer ihre Schulden begleichen und nicht verstehen, warum mit ihrem Steuergeld jenen geholfen werden soll, die sich bei ihrem Hauskauf vielleicht übernommen haben und über ihre Verhältnisse leben.

Viele fragen, warum sie für die Fehler und den Leichtsinn anderer geradestehen sollen – und wen sie demnächst sonst noch aushalten müssen? Im Finanzministerium, in direkter Nachbarschaft zum Präsidentensitz, scheint ein Dukatenesel zu stehen, der rastlos Dollarscheine auswirft: für die Zocker auf der Wall Street, die verarmten Banken, die verschuldeten Bundesstaaten, die marode Infrastruktur, die Autoindustrie – und jetzt auch für die Hausbesitzer.

Zu allem Überdruss: Sobald jemand seinen Koffer mit den grünen Scheinen vollgestopft und daheim abgeliefert hat, kehrt er zurück und bittet um mehr Geld, weil es nicht reiche.

Doch Obama hat kaum eine andere Wahl. Will er die Wirtschaft irgendwann wieder in Schwung bringen, muss er die Immobilienkrise in den Griff kriegen. Weil der Häusermarkt zusammengebrochen ist, sitzen die Banken auf wertlosen Wertpapieren und sind nicht mehr flüssig.

Deshalb erhalten die Unternehmer und die Bürger keine Kredite, können also nicht investieren, keine Löhne auszahlen, können keine Autos auf Pump kaufen und kein Geld aufnehmen, um ihre Kinder auf die Universität zu schicken.

Alles hängt mit allem zusammen – und im Zentrum der Katastrophe steht seit Anbeginn das Eigenheim, der Inbegriff des amerikanischen Traums. Er ist geplatzt, weil die eigenen vier Wände drastisch an Wert verloren haben.

Das Haus und sein Wertzuwachs aber sind Amerikas Lebensversicherung. Doch mit einem Bruchgebäude lassen sich die Träume, ein neues Auto, eine Reise, ein größeres Haus, das Studium der Kinder, nicht mehr finanzieren. Geriet früher ein Eigentümer in Schwierigkeiten, konnte er sein Haus abstoßen, ein kleineres, billigeres erstehen oder mit seiner Bank günstigere Kredite aushandeln.

Das ist derzeit aber nicht möglich, weil die Hypothekenlast oft höher ist als der Marktpreis des Eigenheims. Überdies: Wer nicht den Offenbarungseid leisten muss, kriegt seine Bank nicht ans Telefon. Sie stellt sich taub für alle, die das Geld für den Kredit, wenn auch nur unter größten Verrenkungen, irgendwie zusammenkratzen können.

Die Immobilienkrise zieht weite Kreise. Wo zwangsversteigert wird, sinkt auch der Wert der Nachbarhäuser. Wo Gebäude leer stehen, wird eingebrochen und machen sich Drogenbanden breit. Die Angst, aus dem Haus geworfen zu werden, belastet die Familien, die Scheidungsrate und der Alkohol- und Medikamentenmissbrauch steigen.

In dieser Notlage muss Obama den Dukatenesel hervorholen – auch wenn einige das ungerecht finden.

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