Edited by Christie Chu
Konjunkturprogramm
USA kämpfen mit der Geldschwemme
von Sabine Muscat (Washington)
787 Mrd. $ rollen in den nächsten Monaten über die USA. Das Geld soll das Land vor einer schweren Depression bewahren. Das Problem: Es ist für die Obama-Regierung gar nicht so leicht, Projekte zum Geldausgeben zu identifizieren. Jetzt soll ein “Stimulus-Zar” helfen.
Die Verteilung der Gelder aus dem Konjunkturprogramm wird zu einem Bewährungstest für den amerikanischen Regierungsapparat. Mit der Unterzeichnung des Gesetzes, das die 787 Mrd. $ freigibt, ist US-Präsident Barack Obama darauf angewiesen, dass Ministerien und Lokalregierungen ihre Zuteilungen effizient einsetzen.
“Dies ist kein Blankoscheck”, sagte er am Montag bei einem Treffen der Gouverneure der US-Bundesstaaten im Weißen Haus. “Wir werden eng mit Ihnen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass dieses Geld so ausgegeben wird wie vorgesehen.”
Für Obama bietet das Konjunkturprogramm die Chance, das Ansehen des öffentlichen Sektors zu rehabilitieren. In den USA hatte seit der Ära von Ronald Reagan die Philosophie vorgeherrscht, dass der Staat sich aus dem Wirtschaftsleben heraushalten solle. Doch nach dem Vertrauensverlust in Manager und Banker, deren Handeln zur aktuellen Wirtschaftskrise beigetragen hat, ist die Regierung eingesprungen: mit Kapitalinfusionen für Finanzinstitute und Automobilhersteller – und nun mit Investitionen, die die Konjunktur ankurbeln sollen.
Eine Vielzahl von Akteuren arbeitet nun daran, dass der Paradigmenwechsel gelingt. Innenminister Ken Salazar hat bereits ein Team gebildet, um bis Anfang März förderungswürdige Projekte zu identifizieren – und er kündigte am Freitag die Ernennung eines “Stimulus-Zaren” an, um die Verteilung der 3 Mrd. $, die das Ministerium erhalten soll, zu überwachen. Energieminister Steven Chu hat zu diesem Zweck den McKinsey-Manager Matt Rogers angeheuert und angekündigt, die Bearbeitung von Förderanträgen zu beschleunigen.
Auch das Identifizieren von Projekten ist nicht immer einfach. Virginias demokratischer Gouverneur Timothy Kaine hat die Bürger um Vorschläge im Internet gebeten: Mehrere Tausend Wünsche sind eingegangen – von der elektronischen Vernetzung von Polizeiwagen bis zu dem Rentner, der einen Steuerzuschuss verlangt.
Vor besonderen Herausforderungen stehen Regierungsstellen, denen das Konjunkturprogramm ein Vielfaches ihrer Budgets in die Kassen schwemmt. Normalerweise hat Virginia 4 Mio. $ im Jahr, um Häuser einkommensschwacher Familien zu isolieren – nun soll dieses Programm, in dem bisher eine Vollzeit- und eine Teilzeitkraft beschäftigt sind, 96 Mio. $ erhalten.
Oppositionspolitiker zweifeln, ob es gelingt, die Spreu vom Weizen zu trennen – und sie warnen vor den Folgen einmaliger Budgeterhöhungen. Fünf republikanische Gouverneure haben angekündigt, dass sie einen Teil des Geldes ablehnen wollen. Es sei unrealistisch, Programme für Krankenversicherung, Wohlfahrt und Bildung erst auszuweiten und nach zwei Jahren wieder zurückzufahren. “Genau so werden Menschen von Drogen abhängig”, schrieb der Gouverneur von Texas, Rick Perry, an Obama.
Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger rief die Republikaner zur Einheit auf. Der Patient könne kein Vertrauen fassen, wenn die Ärzte über die Diagnose streiten, warnte er seine Parteigenossen. Und auch Obama wandte sich am Montag an die Opposition: Für Wahlkampf sei später noch Zeit.
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