Kitty Cat Capitalism

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Kätzchen-Kapitalismus

Von Josef Joffe | © DIE ZEIT, 26.02.2009 Nr. 10

Regulierungswut wird die nächste Krise nicht verhindern

»Jetzt sind wir alle Sozialisten«, titelte Newsweek zum Auftakt der »Euro-7«, des Gipfels der großen EU-Wirtschaftsmächte am Wochenende. Nach dem Raubtier- der Kätzchen-Kapitalismus, war die Gipfel-Botschaft – die lückenlose Kontrolle der Finanzmärkte weltweit. Teil zwei war die Ersatzhandlung: die Strafwut gegen die »Steueroasen«, als wenn die Schweiz die Weltwirtschaftskrise verursacht hätte.

Der Kater erzeugt die besten Vorsätze, aber mit brummendem Kopf denkt’s sich nicht gut. Ist dies wirklich eine Regulierungskrise? In Amerika wird jede Bank von acht Behörden (Bund und Land) überwacht. In Deutschland gehören ausgerechnet die Staatsbanken (BLB bis KfW) zu den dümmsten Spekulanten. Die Sache geht aber noch tiefer.

Woher soll ein Regulator wissen, welches neue Finanzinstrument, sagen wir das »Solar-gesicherte Nachhaltigkeitszertifikat mit Goldrand« (SNG), notwendig oder frivol ist? Wie will ein junger Ministerialrat einem Herrn Ackermann dessen Geschäfte vorschreiben? Nicht einmal Aufsichtsratschefs haben derlei Kenntnis oder Autorität. Wie sonst hätte die Hypo Real Estate 600 Milliarden außerhalb der Bilanz platzieren können?

Zehn Beamte in jedem Boardroom sind nicht die Erlösung. Das Problem ist vielmehr die wundersame Verwandlung der modernen Bank in ein Versorgungsunternehmen mit angeschlossenem Kasino, notiert der britische Ökonom John Kay. Die Bank-als-Versorger kennen wir seit 1500: Sie borgt kurz und verleiht lang; sie nimmt das Geld von unseren Konten und gibt es – gut abgesichert – weiter als Darlehen und Hypotheken.

Das »Casino« befindet sich sozusagen unter dem Schalterraum. Da haben die Jungs buchstäblich gezockt. Sie haben mit einem Euro Eigenkapital für 100 Euro Papierwerte gekauft und die zwischen den Banken hin und hergeschoben – immer mit einem hübschen Aufschlag. »Sie haben einander Müll aufgedrängt«, schreibt Kay.

Die Aufsicht am Roulette zu verstärken beseitigt das Glückspiel nicht. Deshalb gehört das Casino raus aus der Bank. Lasst die Banken wieder langweilige Geschäfte mit der Marge zwischen Einlage- und Verleihzinsen machen. Mindestreserven sorgen dafür, dass die Darlehen nicht in den Himmel wachsen. Just so war es post 1929 in Amerika unter dem Glass-Steagall-Gesetz: Bis in die Neunziger blieb die Schalter- von der Investmentbank hermetisch abgeriegelt. Die beiden großen Blasen (2000 und 2008) platzten erst nach Abschaffung des Gesetzes.

Die Trennung muss auch nach diesem Crash wieder sein, damit die Zocker, die ihre Träume zu den Finanzakrobaten tragen, von vornherein wissen, dass hinter Citi- oder Commerz-Invest nicht die eigentlichen Banken mit ihrem staatlich garantierten Gläubigerschutz stehen. Die wiederum können den Kunden nicht mehr die Hochrisiko-Papiere aufdrängen, welche im Keller zusammengezaubert worden sind. Und der Finanzsektor, der die Jungs mit den Harvard-MBAs in New York und Frankfurt so reich gemacht hat? Der wird schrumpfen, aber zum Wohle der Menschheit. Denn es wird viel weniger MBAs und dafür mehr Ingenieure und Software-Gurus geben.

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