Afghanistan: The Hopeless War

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Afghanistan – der aussichtslose Krieg

von Joachim Zepelin

Kanadas Premier Harper hat Mut, und vor allem hat er Recht: Der Krieg der Nato in Afghanistan ist nicht zu gewinnen. Der Westen muss endlich die Frage beantworten, welche Ziele er in dem Krisenland eigentlich erreichen will.

“Wir werden den Aufstand niemals niederschlagen”, sagt Premierminister Stephen Harper. Er spricht damit laut aus, was sich langsam als Meinung über diesen größten Einsatz in der Geschichte des Militärbündnisses durchsetzt: Mit jedem zusätzlichen Soldaten gräbt man sich tiefer in einen Konflikt ein, den Soldaten nicht lösen können. Sie können keine Entscheidung in einem Konflikt herbeiführen, der tief verwurzelt ist in den Traditionen und sozialen Gesetzen der afghanischen Gesellschaft.

Harper hat allen Grund, besonders kritisch über diesen Einsatz nachzudenken. Sein Land trägt mit 2700 Soldaten, die vor allem im hochgefährlichen Süden operieren, eine Hauptlast der Internationalen Schutztruppe. Der Ministerpräsident muss seinen Bürgern erklären, was die Landsleute dort mit welchen Aussichten tun. Und Harper muss begründen können, warum bislang mehr als 100 Kanadier in Afghanistan ihr Leben verloren haben.

Seine Antwort ist konsequent, denn die kanadische Regierung hat – anders als die amerikanische und deutsche – beschlossen, ihre Truppe abzuziehen. Den amerikanischen Wünschen nach einer Aufstockung der Einsatzkontingente hat sich Harper widersetzt, denn er sieht keinen Sinn in der Fortführung eines Unterfangens, dessen Scheitern in immer größeren Teilen Afghanistans sichtbar wird. Noch nie war etwa der Standort der Bundeswehr im Norden des Landes so gefährlich wie heute – im siebenten Jahr des Einsatzes! Hier und dort mag es lokale Erfolge geben, doch insgesamt war der politische Zustand des Landes noch nie so schlecht, seitdem die radikalen Taliban “besiegt” worden sind.

Harper fordert eine Erfolgsstrategie, ein Ausstiegsszenario und eine Übergangsstrategie, damit endlich die Afghanen wieder dafür verantwortlich sind, was in ihrem Land geschieht. Die im Westen gepflegte Ansicht, dass afghanische Demokraten die Anwesenheit fremder Truppen schon begrüßen werden, weil das Land mit ihrer Hilfe zu einem Rechtsstaat nach westlichem Muster wird, ist naiv und gefährlich. Westliche Truppen werden in Afghanistan von einigen als Feinde wahrgenommen. Die meisten Afghanen sehen in ihnen eine Wohlstandsquelle, von der man auf die ein oder andere Weise profitieren kann – materiell oder auch politisch.

Umso wichtiger ist es, eine halbwegs klare Vorstellung von dem zu entwickeln, was man in Afghanistan eigentlich will, und unter welchen Bedingungen man sich zurückziehen könnte. Diese Diskussion fordert Harper und legt damit den Finger an die richtige Stelle. Die Nato muss nicht nur nach neuen Konzepten suchen, wie man den Einsatz effizienter machen kann, wie man mehr Afghanen beschäftigt, wie man die Entwicklung der Demokratie im Land voranbringt. Die Nato muss dringender denn je beantworten, was sie in Afghanistan will.

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