Everybody vs. Obama

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Alle gegen Obama

In erstaunlich hohem Tempo hat der US-Präsident bei den Amerikanern an Beliebtheit verloren. Ihm fehlen im Kampf gegen die Krise Führungswille, Inspiration und klare Kommunikation – dabei hatten ihn diese Eigenschaften als Wahlkämpfer stark gemacht.

Am Tag nach Barack Obamas Vereidigung als Präsident herrschte in der amerikanischen Presse über zwei Dinge ein bemerkenswertes Maß an Einigkeit: Kolumnisten aus dem demokratischen wie dem republikanischen Lager waren voll des Lobes über Ton und Inhalt seiner Rede zur Amtseinführung. Ebenso sicher waren sie sich über das nahende Ende der Flitterwochen, sobald der Wahlsieger von der Regierungsrealität eingeholt wird.

Dass auch der als Hoffnungsträger gestartete neue Mann im Weißen Haus unter Beschuss geraten würde, ist daher keine Überraschung. Außergewöhnlich ist aber, wie rasant Obama in der öffentlichen Meinung an Beliebtheit verloren hat – und dass selbst den Demokraten traditionell freundlich gesinnte Zeitungen wie die “New York Times” ihre harsche Kritik ähnlich großzügig dosieren, wie konservative Medien den Neuen anfangs mit Vorschusslorbeeren bedachten.

Um den dramatischen Popularitätsschwund zu erklären, genügt es nicht, die historischen Herausforderungen zu bemühen, vor denen Obama steht. Niemand fordert von ihm, dass er die Wirtschaftskrise im Handumdrehen überwindet. Liberale wie Konservative erwarten dagegen sehr wohl, dass Obama als Präsident ein ähnliches Maß an Führungswillen, Inspiration und klarer Kommunikation erkennen lässt wie zuvor als Wahlkämpfer.

Stattdessen sendet Obama widersprüchliche Signale, etwa indem er sich in Wahlkampfmanier über die Bonuszahlungen an Manager des Versicherers AIG empört – ohne jedoch etwas unternommen zu haben, um diese Zahlungen zu verhindern. Obamas Problem ist es bislang weniger, dass er schmerzhafte Entscheidungen treffen musste, als dass er bei zu vielen Themen den Kurs wechselte.

Knapp vier Jahre vor der nächsten Wahl könnte es sich Obama leisten, auch solche Schritte zu unternehmen, die ihm in den Umfragen schaden. Auf eine klare Linie kann der Präsident der größten Wirtschaftsmacht in diesen Zeiten nicht verzichten – auch wenn er dafür nicht immer Beifall bekommt.

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