Oh, Obama

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Oh, Obama

Von Josef Joffe | © DIE ZEIT, 26.03.2009 Nr. 14

Wenn Schuldenmachen Wachstum zeugte, würden Griechenland und Italien Weltmeister sein: Die EU wehrt sich zu Recht gegen die Spendierwut Amerikas

Woran erkennt man den ersten Atlantik-Sturm nach Bush dem Bösen? Wenn in der New York Times der Linkskolumnist Paul Krugman und der halbrechte David Brooks zu zweit auf die konjunkturpolitischen Tunix-Europäer einschlagen.

»Schlechte Führung«, poltert Krugman; die Euro-Banker litten an »bizarrer Selbstgefälligkeit«, der deutsche Finanzminister gleiche gar mit seinen »xenophoben Sprüchen« den Republikanern daheim. Brooks vergleicht die bräsigen Europäer mit Marie Antoinette, die bekanntlich die Guillotine nicht kommen sah, und wirft ihnen vor, den »Trittbrettfahrer« auf der US-Konjunkturlokomotive zu spielen. Sie glaubten einfach nicht an Fiskalpolitik als »Waffe gegen die Rezession«.

Mag sein, dass die Euros (wieder mal) timide, uneinig und führungslos sind. Bloß sind Krugman und Brooks ein paar feine Unterschiede entgangen; zum Beispiel haben die Merkelianer mit 3,4 Prozent vom BIP eine fast dreimal größere Konjunkturspritze aufgezogen als die Sarkozisten mit 1,3. Grundsätzlich aber haben die Europäer Recht mit ihrer Skepsis: Keynes funktioniert nicht.

Wer es theoretisch haben will, kann die allerjüngste Studie zum Thema lesen, die John Cogan und John Taylor (Stanford) und Tobias Cwik und Volker Wieland (Frankfurt) gerade vorgelegt haben.* Alltagssprachlich ausgedrückt, argumentiert das Quartett, dass 80 Jahre nach dem Crash von 1929, als es noch keine Sozialsysteme gab, jeder Konjunktur-Dollar eben nicht einen Wachstumseffekt von 1,50 Dollar haben werde, wie Obamas Wirtschaftszar Larry Summers behauptet, sondern nur einen von 40 Cent. Behielten sie Recht, würden Obamas 800 Milliarden nur 600.000 neue Jobs bringen – zum Stückpreis von 1,33 Millionen!

Natürlich darf man sich über solche Modelle heftig streiten, aber wer an Keynes als Konjunkturmacher glaubt, wird sich schwertun, schlagende Beweise zu präsentieren. Unbestreitbar ist dagegen, dass Obama eine gewaltige Schuldenwelle ausgelöst hat. Allein in diesem Jahr, warnt die neueste Studie des Kongress-Rechnungshofes (CBO), werde das Defizit 1,8 Billionen Dollar betragen, was der Hälfte der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung entspricht. Gemessen am BIP, werde das Defizit auf 13 Prozent anschwellen; viermal mehr als in der Eurozone erlaubt.

Wenn Schuldenmachen Wachstum zeugte, würden Griechenland und Italien Weltmeister sein, schleppen sie doch im Westen die größte Schuldenlast mit sich herum (rund hundert Prozent des BIP). Und wo sollten denn die zehn Billionen Dollar herkommen, die Washington in den nächsten zehn Jahren borgen muss? Von den Chinesen, die jetzt schon zu viele US-Bonds halten? Von den Scheichs, die nur noch 50 Dollar fürs Öl-Fass kriegen? Also wird die Fed Geld drucken (vornehmer: milliardenfach Treasuries zurückkaufen) und so die gewaltigste Inflation seit Korea- und Vietnamkrieg anheizen.

Obamas Konjunkturprogramm ist keynesianisches Feuerwerk. Die Wirkung ist bekannt. Wir rufen »Ah« und »oh«, doch der Himmel leuchtet nur kurz. Bringen wir die Finanzmärkte in Ordnung (was ohnehin in die Billionen gehen wird), dann heilt sich die Konjunktur von allein.

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