Contradictory Iran

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Der widersprüchliche Iran

AVI PRIMOR

Im Hinblick auf den Iran steht Barack Obama vor einem Dilemma. Und das bezieht sich nicht nur auf die Eindämmung der atomaren Entwicklung des Iran.

Vorübergehende Kontakte zwischen dem Iran und den US-Behörden wurden bereits im Jahr 2001 aufgenommen, als der Iran hinter den Kulissen den Krieg der Amerikaner gegen das Talibanregime in Afghanistan unterstützte.

Heute spricht Obama von “umfassenden” Gesprächen mit dem Iran. Ohne iranischen Rückhalt wird es für Amerika schwierig sein, sich aus dem Irak zurückzuziehen. Erheblich heikler ist die Situation in Afghanistan, wo die prowestliche Regierung trotz aller westlichen Unterstützung schrittweise die Kontrolle über das Land verliert. Nicht nur die Taliban übernehmen allmählich die Macht im Land, sondern auch die durch Drogengeschäfte finanzierten Privatmilizen.

Die Amerikaner hofften vergeblich auf den Aufbau und die Entwicklung der Armee und Polizei Karsais. Die ärmlich ausgerüsteten offiziellen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, mit den reichen, gut ausgestatteten Drogenhändlern, zu denen auch die Taliban zählen, zu konkurrieren. Schlimmer ist, dass sie derartig korrupt sind, dass sie in absehbarer Zukunft nicht effizient werden können. Hinzu kommt, dass Pakistan im Kampf gegen die Taliban in Afghanistan, aber auch in Pakistan selbst, scheitert.

Es läge im Interesse des Iran, den Amerikanern in Afghanistan entscheidend zu helfen. Der Iran fürchtet die sunnitischen Taliban wie auch den Drogenhandel, dessen Bekämpfung ihn im letzten Jahr 600 Millionen US-Dollar und das Leben von 3700 Sicherheitsleuten gekostet hat. Auch fürchtet der Iran, mit Flüchtlingen aus Afghanistan überschwemmt zu werden. Das Land unterhält enge Beziehungen mit verschiedenen Gruppierungen in Afghanistan, die die Taliban ablehnen, darunter die Tadschiken, die Usbeken und die Hazara wie auch die Schiiten im Westen Afghanistans.

Darüber hinaus beliefert Teheran Afghanistan mit überaus wichtigen Gütern wie Erdöl und Zement. Der Iran hat sich damit abgefunden, dass der Export seiner Revolution fehlgeschlagen ist, und denkt nur noch an seine staatlichen Interessen. Und zu diesen zählen Ruhe und Stabilität in Afghanistan.

Ist der Iran also ein möglicher neuer Verbündeter der USA? Auch Saudi-Arabien, das als engster Verbündeter der USA im Mittleren Osten gilt, hat Interesse daran und die Mittel dazu, sich für die Amerikaner in Afghanistan nützlich zu machen. Die Saudis haben viel Einfluss auf die sunnitische Mehrheit Afghanistans, die Paschtunen. Amerika kann insofern auf Saudi-Arabien nicht verzichten. Das wiederum ist aber der Staat, der mehr als alle anderen Länder des Nahen und Mittleren Ostens den Iran fürchtet. Werden die USA mit den beiden verfeindeten Ländern zusammenarbeiten können?

Drittens ist klar, dass die Vereinigten Staaten mit dem Iran zu keinen zufriedenstellenden Ergebnissen kommen werden, wenn sie das Land nicht als regionale Supermacht anerkennen, wie Teheran es fordert. Die Einbindung des Iran in die amerikanischen Bemühungen im Mittleren Osten wird also noch viel Kopfzerbrechen bereiten.

Avi Primor ist Direktor des Zentrums für Europäische Studien an der Privatuniversität IDC Herzliya und war Botschafter Israels in Deutschland.

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